Guten Morgen zusammen,
also da kann ich mich jetzt auch nicht zurückhalten und will meinen Senf dazu geben.
Es stimmt mitnichten, dass den Elsässern die deutsche Sprache und die deutsche Kultur wichtig ist:
ihnen ist die
elsässische Sprache und Kultur wichtig!
Die Elsässer wurden in der Geschichte hin- und hergeschoben, 'mal durften sie kein Französisch, 'mal kein Deutsch reden, ihre Vornamen wurden entsprechend dem aktuellen Land angepasst, etc.
Und nach der verdammten Zwangsrekrutierung in die deutsche Wehrmacht wurden sie dann auch von den Zentralfranzosen nicht mehr als 100%-ige Franzosen angesehen, was sie sehr verletzte, zumal sehr viele Elsässer im Widerstand gegen die Nazis kämpften und dabei ihr Leben gelassen haben.
Dieses Problem würde übrigens erst durch Mitterrand thematisert.
Tomi Ungerer schrieb einmal in einer Bescheibung seiner Kindheit sinngemäss:
"Wenn die Franzosen wüssten, wie sehr wir sie lieben, dann würden sie uns mehr respektieren!"
Und noch heute haben die Zentralfranzosen ein gespaltenes Verhältnis zum Elsass, was ein weiterer Grund ist, dass die Elsässer endlich als richtige Franzosen anerkannt werden, ohne dabei auf ihren elsässischen Dialekt und ihre Kultur verzichten zu müssen! Und von den Deutschen werden sie noch immer nicht als "richtige" Franzosen anerkannt.
Deshalb finde ich es wichtig, dass man - auch wenn man kein Französisch kann - zumindest ein "Bonjour", ein "Merci", "Au revoir", etc. beherrscht. Das zeigt einfach von Respekt und Anerkennung. Dann verzeihen die Elsässer auch gerne, wenn man kein/kaum Französisch kann.
Stattdessen erlebe ich in 90% aller Fälle, dass Deutsche, die hier im Elsass wohnen, in ein Geschäft, auf ein Amt, etc. kommen und gleich anfangen, Deutsch zu reden. Das ist ignorant und unverschämt!
Eine Elsässerin sagte mir 'mal, dass ihr das Auftreten vieler Deutschen vorkomme, als wenn das Elsass ein zweitesmal annektiert würde. Und ich stimme ihr zu! Ich schäme mich oft, wenn ich das Verhalten der Deutschen hier sehe.
Und zur elsässischen Sprache:
es ist längst nicht mehr so, dass alle Elsässer elsässisch reden! Insbesondere die jungen Leute sprechen meist nur noch französisch (weil sie zum Beispiel keine elsässischsprenchenden Grosseltern mehr haben).
Um den Dialekt zu erhalten, wurde Elsässisch als Unterrichtsfach eingeführt.
Also: Nicht jeder Elsässer spricht elsässisch oder versteht Deutsch!
Das sollte man auch beim Einkaufen im Hinterkopf haben:
Die meisten Deutschen erwarten von den Elsässern, dass sie verstanden werden - das ist aber nicht so!
Umgekehrt käme kein Elsässer auf die Idee, über die Grenze in ein deutsches Geschäft zu gehen und von den Verkäufern erwarten, dass diese Französisch reden und verstehen!
Und was mich am Verhalten der Deutschen, die hier im Elsass wohnen, auch total nervt:
viele wollen sich überhaupt nicht integrieren: die wenigsten machen einen Sprachkurs, die meisten Deutschen gehen weiterhin nach Deutschland zum Arzt, die maternelle (= Kindergarten) nehmen sie natürlich gerne hier im Elsass in Anspruch, weil der hier ja kostenpflichtig ist, sie bleiben grösstenteils unter sich und halten anscheinende die frz. Technik und die frz. Medizin für rückständig. Beispiele kann ich bei Bedarf reichlich nennen!
Wenn man Glück hat, dann gehen die Kids hier zumindest noch zur Grundschule. *ironie ein*: es geht doch nichts über Sprachförderung der Kinder *ironie aus*.
Aber wenn es in die höheren Klassen geht, dann kutschieren viele deutschen Eltern ihre Kids dann doch in eine deutsche Schule. Wie bitteschön soll da eine Integration entstehen?
Und in manchen Städten gibt es ja das Bilingue, das ursprünglich dazu gedacht war, dass die französischen Kinder besser deutsch lernen, um auch grenzüberschreitend arbeiten zu können. Allerdings schicken die Deutschen ihre Kinder fast ausschliesslich ins Bilingue, so dass sich dort die Deutschen versammeln, unter sich bleiben und keine Integration möglich ist.
Unsere Tochter haben wir in den traditionellen Zweig geschickt, eben um ihre Integration zu fördern.
Von der élémentaire bis zum Collège war sie die einzige deutsche Schülerin in der Klasse, alle anderen Deutschen gingen ins Bilingue! Und sie hat auch "nur" das stinknormale Abitur gemacht - sie braucht kein Abi-Bac!
Inzwischen ist sie 18, studiert in Strasbourg und der Antrag auf die frz. Staatsbürgerschaft läuft.
Und was die Frau vom Finanzamt angeht:
- jeder hat 'mal 'n schlechten Tag
- Idioten gibt es überall auf der Welt
- vielleicht hast Du 'was falsch gemacht, jojo?
- vielleicht hatte sie einfach an diesem Tag zu viele Deutsche der unverschämten Sorte
- vielleicht kann sie die Deutschen generell nicht leiden .... was ich teilweise verstehen könnte
Bonne journée...