Ich habe folgenden Brief an meine Versicherung (auch Allianz) mal geschickt. Ich bin kein Jurist, von daher weiß ich nicht, ob meine Argumentation bzw. meine Behauptungen zutreffend sind. Aber mein (sehr ausgeprägtes) Rechtsempfinden sagt mir, dass ich die Besteuerung einer Pflichtversicherung nicht einfach hinnehmen will.
Ich habe über Solvit eine Anfrage gestellt. Leider wurde mir eine Antwort gegeben, die völlig am Thema vorbei geht und nicht auf die Besonderheit auf die Grenzgänger eingeht. Als weitere zuständige Stelle wurde mir die Arbeitskammer Saarland genannt (
www.arbeitskammer.de ). Dort habe ich ebenfalls eine Anfrage gestellt. Allerdings werde ich dort nicht beraten, da ich Arbeitnehmer in Baden-Württemberg bin.
Vielleicht ist von euch jemand im Saarland angestellt und kann somit eine Anfrage bei der Arbeitskammer starten. Aber bitte nicht mit der 140-Seitigen Infobroschüre für Grenzgänger abspeisen lassen. Dort steht zwar vieles drin, aber keine Antwort auf die bestehende Problematik.
Hier mal mein Schreiben an die Versicherung. Vielleicht hat ja jemand anderes noch weitere Argumente oder Rechtsgrundlagen.
Grüße
Nicod3mus
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich nehme Bezug auf Ihr Schreiben vom 2.11.2015. Sie unterrichten mich darüber, dass im Hinblick auf das Urteil des EuGH vom 21.02.2013 C-243/11 für meine o.g. Krankenversicherung ggf. rückwirkend ab dem 01.01.2013 die Versicherungssteuer in meinem Wohnsitzland abzuführen ist.
Dieser rechtlichen Einschätzung widerspreche ich.
Es ist korrekt, dass ich meinen Wohnsitz unter der Ihnen bekannte Adresse in Frankreich habe.
Ich bin Grenzgänger, d.h. ich gehe einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung in Deutschland nach. Als Nachweis überlasse ich Ihnen eine Kopie meiner letzten Grenzgängerbescheinigung (Formular 5011) vom 03.11.2014 (gültig für 3 Jahre), in der mein Arbeitgeber und die französische Steuerbehörde die Beschäftigung und die Sozialversicherungspflicht in Deutschland bestätigt hat. Sollte Sie weitere Nachweise benötigen, so bin ich gerne bereit Ihnen diese zukommen zu lassen.
Gemäß der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit gem. Artikel 11 (3) a) i.V. mit Artikel 14 (2) und (4) unterliegt eine Person, die in einem Mitgliedstaat eine Beschäftigung ausübt, den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats.
Wie Sie meiner Grenzgängerbescheinigung entnahmen können arbeite ich in Deutschland. Gemäß der o.g. Verordnung sind somit die Rechtsvorschriften in Deutschland maßgebend.
Gem. den §§ 5ff des V. Sozialgesetzbuches in Verbindung mit § 193 Versicherungsvertragsgesetz bin ich als Arbeitnehmer deshalb in Deutschland sowohl kranken- als auch pflegeversicherungspflichtig. Es besteht für mich ein Kontrahierungszwang und somit keine Wahlmöglichkeit, eine freiwillige oder gesetzliche Versicherung in meinem Wohnsitzland abzuschließen. Es gilt daher ausschließlich Deutsches Recht, was auch die Versicherungssteuer betrifft.
Insofern ist auf die bei Ihnen geführte Krankenversicherung für alle Vertragsbestandteile, die der deutschen Sozialversicherungspflicht unterliegen (Krankenvollversicherung, gesetzlicher Beitragszuschlag für die Altersrückstellung, Pflegeversicherung etc.) das deutsche Versicherungssteuerrecht und nicht das Versicherungssteuerrecht meines Wohnsitzsstaates anwendbar.
In dem oben zitierten Urteil des EUGH wurde über kein Versicherungsprodukt der gesetzlichen Sozialversicherung entschieden. Hierbei ging es um die Besteuerung eines „gewöhnlichen Versicherungsproduktes (hier Lebensversicherung), als ein Versicherungsprodukt, welches frei durch den Versicherungsnehmer abschließbar ist und demnach auch im Wohnsitzland hätte abgeschlossen werden können. Die Urteilsbegründung und die Versicherungspflicht im Wohnsitzland ist unter Wettbewerbsgesichtspunkten demnach zutreffend. Für eine Versicherung, die der gesetzlichen Sozialversicherung entspricht, ist aufgrund der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 ausschließlich das Recht, auch Versicherungssteuerrecht, des Beschäftigungslandes anwendbar. Diese würde sonst unmittelbar einen Verstoß gegen EU-Recht bedeuten und Grenzgänger im Allgemeinen benachteiligen, was zusätzlich eine Einschränkung der europäischen Freizügigkeit bedeuten würde (Einschränkung der Wahl Wohnsitzland ≠ Beschäftigungsland).
Eine Versteuerung von Pflichtversicherungen gem. § 193 VVG im Wohnsitzland von Grenzgängern würde zudem gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen, da eine Versteuerung der gesetzlichen Krankenversicherung nicht in Betracht kommt.
Als weiteren Punkt möchte ich daraufhin weisen, daß das französische Sozialversicherungssystem das deutsche duale Krankenversicherungssystem mit Unterscheidung zwischen privater und gesetzlicher Krankenversicherungspflicht nicht kennt. Die Versteuerung von „privaten Krankenversicherungen“ zielt in Frankreich nur auf sogenannte „private Zusatzversicherungen“ ab, da Arbeitnehmer in Frankreich ausschließlich einer gesetzlichen Krankenversicherung unterliegen. Die gesetzliche Krankenversicherung in Frankreich ist von der Versicherungssteuer befreit. Insofern ist meine o.g. Krankenversicherung ebenfalls als gesetzliche Pflichtversicherung zu betrachten und scheidet allein deshalb aus der Besteuerung zumindest für die Vertragsteile aus, die der Versicherungspflicht unterliegen.
Ich gehe deshalb davon aus, dass Sie lediglich für solche Vertragsbestandteile die ausländische Versicherungssteuer erheben, die nicht der gesetzlichen Versicherungspflicht unterliegen. Sollten Sie dies dennoch tun, so werde ich entsprechende Rechtsmittel einlegen.
Zum Abschluss möchte ich Sie noch davon unterrichten, dass Wettbewerber von Ihnen (hier DKV), keine rückwirkenden Steuerbeträge erheben sondern diese aus Kulanzgründen übernehmen.