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Autor Thema: Mietvertrag in Deutschland unterschrieben  (Gelesen 4827 mal)

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Offline Infinity33

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Mietvertrag in Deutschland unterschrieben
« am: 16. April 2016, 14:58:26 »
Hallo ihr Lieben,

ich habe folgendes Problem. Ich bin Grenzgänger (deutsch, aber in Frankreich lebend) und will mich von meinem Mann trennen. Ich habe letzte Woche einen Mietvertrag in Deutschland unterschrieben.

Nun stelle ich mir die Frage, ob das überhaupt rechtens ist und ob ich jetzt deswegen (steuertechnische) Probleme vom deutschen Staat bekommen kann.

Kennt sich jemand aus?

Grüße

Offline Ralph

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Re: Mietvertrag in Deutschland unterschrieben
« Antwort #1 am: 17. April 2016, 01:12:33 »
Steuertechnische Probleme bekommst Du nicht....Der deutsche Staat freut sich Dich wieder zuhause willkommen heißen zu dürfen.
Du wohnst halt ab dann in D und versteuerst dort dann auch Deine Einkünfte....bist also kein Grenzgänger mehr.
« Letzte Änderung: 17. April 2016, 01:14:07 von Ralph »
Das Denken ist zwar allen Menschen erlaubt, aber vielen bleibt es erspart.  Curt Goetz

Offline soso

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Re: Mietvertrag in Deutschland unterschrieben
« Antwort #2 am: 17. April 2016, 23:34:23 »
Hallo ihr Lieben,

ich habe folgendes Problem. Ich bin Grenzgänger (deutsch, aber in Frankreich lebend) und will mich von meinem Mann trennen. Ich habe letzte Woche einen Mietvertrag in Deutschland unterschrieben.

Nun stelle ich mir die Frage, ob das überhaupt rechtens ist und ob ich jetzt deswegen (steuertechnische) Probleme vom deutschen Staat bekommen kann.

Kennt sich jemand aus?

Grüße

Rechtens? Jederzeit! Darfst dich schließlich niederlassen, wo immer du willst!
Nicht rechtens wäre nur, sich in D mit Wohnung nicht anzumelden  ;)
Ansonsten gilt was Ralph sagt!
Die deutschen Behörden haben die 'lästige' Angewohnheit. die erste Whg in D IMMER als Erstwohnsitz anzusehen egal wo und wie du Erst-,Zweit- oder sonstwie sitzend wohnst..



Offline Infinity33

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Re: Mietvertrag in Deutschland unterschrieben
« Antwort #3 am: 18. April 2016, 07:14:40 »
Das Problem ist, dass ich gerne, so lange es mir irgend möglich ist, meinen 1. Wohnsitz in F behalten möchte. Wenn ich mich doch jetzt in D anmelde muss ich doch doppelt Steuern bezahlen, oder?

Offline soso

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Re: Mietvertrag in Deutschland unterschrieben
« Antwort #4 am: 18. April 2016, 11:43:32 »
Das Problem ist, dass ich gerne, so lange es mir irgend möglich ist, meinen 1. Wohnsitz in F behalten möchte. Wenn ich mich doch jetzt in D anmelde muss ich doch doppelt Steuern bezahlen, oder?
Sobald du in D eine Wohnung(Wohnsitz) + Arbeit hast, bist du kein Grenzgänger mehr und mußt in D deine Steuer zahlen. Führt kein Weg dran vorbei! (Dein franz.Wohnsitz wird damit zu sowas wie 2.Wohnsitz - ist im deu-franz DBA geregelt, daß du immer nur 1x, aber eben dann in D Steuern zahlst)
Und Tricksereien, wie nicht anmelden (alleine schon Gesetzesverstoß (Meldegesetz)) usw.  Nunja kommt es raus(und die Chancen sind recht groß - ich sag nur Müllgebührenbescheid), hast du dann noch ein ungleich dickeres Problem wegen Steuerhinterziehung an der Backe.

banjo

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Re: Mietvertrag in Deutschland unterschrieben
« Antwort #5 am: 18. April 2016, 12:45:28 »
Nur am Rande:
Das mit dem 'immer nur 1x Steuern zahlen' ist ein Irrglaube. Es gibt Konstellation, bei denen es zu einer Doppelbesteuerung kommt, trotz DBA, zumindest zu einer indirekten.

Offline soso

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Re: Mietvertrag in Deutschland unterschrieben
« Antwort #6 am: 18. April 2016, 17:00:43 »
Nur am Rande:
Das mit dem 'immer nur 1x Steuern zahlen' ist ein Irrglaube. Es gibt Konstellation, bei denen es zu einer Doppelbesteuerung kommt, trotz DBA, zumindest zu einer indirekten.
Aha? Aber wär doch auch nett zu sagen (und würde sicher der Threadstarterin auch helfen), wo es dann deiner Meinung nach zu einer Doppelbesteuerung im hier diskutierten Fall (Einkommensteuer, Arbeit in D, (neuen) Wohnsitz in D) kommen kann - statt nur nebulös von irgendwelchen Konstellationen zu reden.
PS: Und mich würds auch interessieren  :winkerwinker:

banjo

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Re: Mietvertrag in Deutschland unterschrieben
« Antwort #7 am: 19. April 2016, 10:19:13 »
:-)

Dem OP hilft es nicht, deshalb die Anmerkung "Nur am Rande". Und in diesem einfachen Fall gibt es vermutlich auch keine Doppelbesteuerung.

Wenn Du in D Einkünfte hast, die in D versteuert werden müssen (z. Bsp. Miete, Nebenerwerb etc), werden diese wegen des Progressionsvorbehalts in F mit angegeben. Hier entsteht IMHO eine Doppelbesteuerung trotz DBA, denn:
- es wird das Brutto der dt. Einnahmen in F angegeben. Dadurch wird der Progressionsvorbehalt auch inkl. der zu zahlenden Steuerschuld auf dieses Einkommen ermittelt. Ich zahle also am Ende anteilig Steuern auf Steuerbeträge, die ich in D bereits abgeführt habe.
- der Progressionsvorbehalt ermittelt ja die Progression, die wiederum die prozentuale Steuer bestimmt. Hier wird ja zunächst das in D verteuerte Einkommen dem in F zu versteuernden Einkommen aufgeschlagen und damit die Steuer errechnet. Danach gibt es eine Steuergutschrift über den Steueranteil des in D bereits versteuerten Einkommens. So gesehen wird dieses Einkommen nicht doppelt versteuert, sehr wohl hat es aber einen Einfluss auf den Steuersatz, der auf das in F zu versteuernden Einkommen angesetzt wird. Auch darin sehe ich eine indirekte Doppelbesteuerung, wenn ich den höheren Steuersatz (die Differenz des Steuersatzes zw. mit und ohne des in D versteuerten Einkommens) auf das in D versteuerte Einkommen beziehe.

Ich freue mich auf die Diskussion :-)

Offline soso

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Re: Mietvertrag in Deutschland unterschrieben
« Antwort #8 am: 20. April 2016, 12:42:11 »
- es wird das Brutto der dt. Einnahmen in F angegeben. Dadurch wird der Progressionsvorbehalt auch inkl. der zu zahlenden Steuerschuld auf dieses Einkommen ermittelt. Ich zahle also am Ende anteilig Steuern auf Steuerbeträge, die ich in D bereits abgeführt habe.
 
Selbstverständlich wird immer das Bruttoeinkommen  vor Steuern genommen. Deiner Rechnung nach sagst du also bsp 70K Einnahme 20k Steuern sollen sie dir die 20k Steuern erstmal wieder gutschreiben(also damit ausgeglichen = in der Summer als ob nicht gezahlt ) und dann aber nur 50k versteuern ???


Aber ich glaube du hast da einen grundlegenden Denkfehler in deiner Kalkulation zu dem wie die Steuer bei den meisten Einkommesarten  ermittelt wird.

- zunächst mal Progression sind wir uns ja einig ist klar (je mehr man verdient desto höher Prozentsatz/Steuersatz) -  aber nur deshalb ist der ganze Schlumbumbel mit dem Welteinkommen eigentlich überhaupt nötig

Aber das Ganze an einem einfachen Beispiel:

A. (Grenzgänger wohnhaft F/Arbeit D) hat folgende Einnahmen:
- 50000€ unselbstständiges Einkommen
- 10000€ aus Miete/Einkommen in F
- 20000€ aus Vermietung in D

also gilt:
- Gesamt- (Welt-)Einkommen 70000€
- wenn Grenzgängerstatus:  deutsches Einkommen aus unselbstständiger Tätigkeit* wird dem franz.Fiskus zugeschlagen: sprich er hat Einnahmen vor Steuern in D 20k€ in F50k€
- ohne Grenzgängerstatus ansonsten  in D zu versteuern 60k€  in F  10k€

Der Steuerbeamte in D geht nun hin und schaut zunächst mal in der jeweiligen Progressionstabelle und ermittelt bei Welteinkommen 70000€ sagen wir Steuersatz 40%
Der französiche Beamte (etwas günstiger) ermittelt sagen wir 30% (alles fikitv).

Danach errechnet der franz. Beamte  für den franz.Teil der Einnahme (und nur den!) (mit Grenzgängerstatus eben 50K€, ohne GS 10k€) alle Abzüge bzw. das versteuernde Einkommen und erhebt darauf den mit dem vorher aus dem Welteinkommen emittelten Steuersatz (30%) die zu zahlende Steuer
Der deutsche Beamte macht das Gleiche. Auch er nimmt ausschließlich den in seinem Land zu versteuernden Teil und ermittelt die zu zahlende Steuer (eben 40%). Würde das Welteinkomen nicht genommen würde die Progression auf Basis 10000€ erfolgen(was 
dann eben nur 20% oder so Steuer bedeuten würde)

Nehmen wir also die obigen Zahlen (gehen von keine Abzüge aus) A muß zahlen :

bei Grenzgängerstatus: 60000x0,3 = 20000€ Steuer in F und 20000x0,4 = 8000€ in D => gesamt 28000€
ohne Grenzgängerst.:  10000x0,3 = 3000€ Steuer in F und 70000x0,4= 28000€ in D => gesamt 31000€

Anmerkungen:
-* Grenzgängerstatus hängt ja ab von Beamter j/n, wohnhaft Grenzzone etc..das Bekannte eben
- Mieteinkünfte außerhalb D aber innerhalb der EU wandern seit ein paar Jahren in D nicht mehr in die Progression 
- bei wohnhaft in F(außerhalb D) gilt man in D "beschränkt" steuerpflichtig., klingt gut -heißt aber daß der Staat von ausgeht, daß man 
Wohnstaat für Sicherung Existensminimum zuständig ist und deshalb ein großer Teil der Freibeträge wegfallen.

Also wird da eigentlich nicht mit Steuergutschriften/2 mal besteuern gearbeitet. Diese Prinzipien gelten wohl für die meisten(alle?) Einkommensarten innerhalb der EU

Ein anderes Prinzip der Berechnung: Bsp Erbschaftssteuer(früher): F: Erbschaftssteuer auf alles wenn in F wohnhaft, Immobilien im Inland immer, im Ausland nie, D: Erbschaftssteuer auf alles, wenn D Staatsbürger.
Aber da ist das Prinzip auch recht einfach: beide Länder Steuer auf das Gesamterbe, gezahlte Steuer auf den im Ausland gezahlten Teil wird (auf die Steuer auf genau den Teil angerechnet).
Bsp:  Deutscher, F wohnhaft Besitz Haus(F)100000 +100000 Sparbuch in D : In D Steuersatz 30% in F 60% ( fiktiv)
Also Steuer in F 1,2Mio (60k Haus + 60k Sparbuch) in D: 60k (30k Haus + 30k Sparbuch)

- Deutsches Finanzamt: 30k fürs Sparbuch + 30k für Haus . Für Haus in F bereits 60000 gezahlt (von den 30000 Steuern abzuziehen) = nix mehr = Steuerbescheid über 300000€
- Franz Finanzamt: 60k fürs Haus + 60k für Sparbuch. Für Sparbuch in D bereits 30000 gezahlt (von den 60k abzuziehen) = Steuerbescheid über 60k+30k = 90000
Aber auch mit dieser Berechnung gibts zwar 2 Steuerbescheide aber keine Doppelbesteuerung, Man zahlt am Ende halt immer den Satz des Landes mit der höheren Besteuerung (in dem Fall den französischen - also genauso viel wie der Franzose der eben Haus+Sparbuch in F vererbt)
« Letzte Änderung: 20. April 2016, 12:43:57 von soso »

banjo

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Re: Mietvertrag in Deutschland unterschrieben
« Antwort #9 am: 21. April 2016, 14:23:46 »
Danke für Deine ausführlichen Ausführungen und ja, so ist es, Du hast recht.
Um auf Deine Eingangsfrage einzugehen - nicht die 20k aus dt. Einnahmen abziehen in F, sehr wohl aber für den Progressionsvorbehalt die 20k um den in D abgeführten Steuerbetrag (~4k) mindern. Denn die ~4k Steuern darauf habe ich abgeführt, auf die wird aber auch Progressionsvorbehalt in F gerechnet. Und dadurch zahle ich indirekt auf die ~4k Steuern.

Mir ist schon klar, dass die Steuererexperten sich dabei wohl was gedacht haben und ich damit leben muss. Meinem (Steuer-)Rechtsempfinden entspricht es jedoch nicht, ich halte es für eine Doppelbesteuerung.

Offline soso

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Re: Mietvertrag in Deutschland unterschrieben
« Antwort #10 am: 22. April 2016, 11:35:10 »
Danke für Deine ausführlichen Ausführungen und ja, so ist es, Du hast recht.
Um auf Deine Eingangsfrage einzugehen - nicht die 20k aus dt. Einnahmen abziehen in F, sehr wohl aber für den Progressionsvorbehalt die 20k um den in D abgeführten Steuerbetrag (~4k) mindern. Denn die ~4k Steuern darauf habe ich abgeführt, auf die wird aber auch Progressionsvorbehalt in F gerechnet. Und dadurch zahle ich indirekt auf die ~4k Steuern.

Mir ist schon klar, dass die Steuererexperten sich dabei wohl was gedacht haben und ich damit leben muss. Meinem (Steuer-)Rechtsempfinden entspricht es jedoch nicht, ich halte es für eine Doppelbesteuerung.

Hi Dirk,

ich habe immer noch nicht ganz verstanden, wo du ein Problem siehst. Die Progression geht doch immer auf den zu versteuernden Betrag vor Steuern (Also bevor die Steuern abgezogen sind, also AUCH auf die Steuern (auch in D übrigens) )

Also einfaches (vereinfachten) Beispiel (Steuersättze/Progression in F+D sagen wir gleich, Satz bei 50000€ 20%, bei 60000€ 30% (Abzüge,Pausch/Freibeträge etc einfach außen vor) :

Du hast 60000 € Einkommen und mußt es
Fall 1: komplett in D/komplett in F: Steuer 60000x0.3 ==   gesamt 20000€
Fall 2: halb in D/ halb in F versteuern :   Welteinkommen 60k, Steuer in D: 30000x0,3= 10000€  in F: 30000x0,3 = 10000€  ==  gesamt 20000€

nach deine Argumentation (ich hoffe ich hab's richtig verstanden) sollten sie in F die 10000€ dt.Steuer vom Einkommen abziehen:
dann wäre die Steuer: D:  WeltEink. 60k, Steuer 10000€  (wie bisher), F:  WeltEink  nur  50k => Steuersatz geringer (Progression)  25% =  30000*0,25 = 7500€ . Also Gesamtsteuer 17500€  und damit ngrundsätzlich immer geringer, wenn man in mehreren Länder zahlt als in einem (weil es in einem Land statt -wie normal- auf Brutto, dann auf den Nettobetrag geht)

Ansonsten natürlich richtig, daß es bei unterscheidlichen Steuersystemen, unterschiedliche Abzüge,Pauschbeträge etc. immer zu Verzerrungen kommen kann und 100%ige Gerechtigkeit irgendwie kaum geben kann. Die Grenzgänger können ja ein Lied von singen: Da arbeiten sie das Gleiche wie Kollege, der nur 1m weiter die haargenau selbe Arbeit macht:  Aber haben am Ende mehr Geld, nur weil der Kollege 200m weiter, jenseits der Grenze in D wohnt.
« Letzte Änderung: 22. April 2016, 11:37:43 von soso »

banjo

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Re: Mietvertrag in Deutschland unterschrieben
« Antwort #11 am: 22. April 2016, 12:26:11 »
fast :-)
Sie sollen in F die 10k dt. Steuer für die Ermittlung des Progressionsvorbehalts nicht heranziehen (also dafür(!) nur das dt. netto nehmen), nicht die gezahlte dt. Steuer selbst abziehen. Die Basis für die Ermittlung der Steuerlast in F (der Betrag, auf den die ermittelte franz. prozentuale Steuer schlussendlich angewandt wird) erfolgt ja eh schon ohne die in D zu verteuernden Einnahmen durch die franz. Steuergutschrift - zumindest in Etwa.
Dadurch ergibt sich zwangsläufig in F ein (IMHO gerechter) niedrigere Steuersatz.