Grenzgaenger Forum

Grenzgänger => Wohnen => Thema gestartet von: helios am 25. März 2015, 16:32:53

Titel: 2 Wohnsitze
Beitrag von: helios am 25. März 2015, 16:32:53
Sind 2 Wohnsitze in 2 Länder möglich?
Titel: Re: 2 Wohnsitze
Beitrag von: banjo am 25. März 2015, 16:38:53
kommt auf die Länder an.

In F gibt es keinen 'Wohnsitz' und keine 'Anmeldung'. Du meldest Dich in F lediglich steuerlich an, beim Finanzamt.
In D musst Du Dich beim Einwohnermeldeamt anmelden. In D geht Zweitwohnsitz nur, wenn Du auch einen Erstwohnsitz in D hast.
Titel: Re: 2 Wohnsitze
Beitrag von: Ralph am 25. März 2015, 23:55:22
Grundsätzlich kannst Du soviel Wohnsitze haben in soviel Länder Du willst.
Also auch 2 in 2 Ländern. Was für steuerliche Auswirkungen das hat, ist eine andere Frage.
Titel: Re: 2 Wohnsitze
Beitrag von: Matthias#28 am 26. März 2015, 09:06:32
Was für steuerliche Auswirkungen das hat, ist eine andere Frage.
Das ist wirklich die interessante Frage. Die Meldung eines Wohnsitzes in .de hat ja auch eine
implizite Meldung an das Finanzamt in .de zu Folge. Wenn man nun in .de arbeitet, der Arbeitgeber
aufgrund der Grenzgaengerbescheinigung das Gehalt vor Steuern "quasi brutto" auszahlt,
man es natuerlich treu und brav in .fr versteuert, ob da nicht irgendwann das deutsche Finanzamt
kommt und von wegen Wohnsitz .de auch Steuern in .de. Wer weiss es wirklich?
Titel: Re: 2 Wohnsitze
Beitrag von: banjo am 26. März 2015, 09:09:06
Also wenn Du in D Dich anmeldest, dann bist Du ja kein Grenzgänger mehr und dann wird sich das FA in D sicher bei Dir melden und die Steuern haben wollen. Das war aber noch nie anders.
Titel: Re: 2 Wohnsitze
Beitrag von: Matthias#28 am 26. März 2015, 10:36:24
Danke Dirk - haette ich mir aber auch so gedacht.
Aber nur mal zum Gedankenmodell:
Meldepflicht gibt es in .fr nicht, damit auch kein Melderegister (manche Mairie findet es nett wenn du dich trotzdem meldest - muss aber nicht)
Meldepflicht gibt es in .de
Dem Arbeitgeber meldest du die .fr Adresse, wegen mir sogar mit .fr-Konto - welchen Grund sollte er haben das anzuweifeln
Mit dem Grenzgangerformular gehst zu zum .fr-Finanzamt, wirst bestempelt, und gibst es beim Arbeitgeber ab.
Da es in .fr kein Melderegister gibt, gibt es nichts was man abgleichen kann. Strom, Telefon, Gas, Wasser-Rechnungen hat man aus .fr
In .de hat man quasi keine Einkuenfte, ist nicht auf dem Sozialamt oder Hartz4-Empfaenger, bis auf die Meldeadresse ist man quasi nicht existent.
Warum sollte welches Amt aktiv werden?

- ich finde den Fehler im System nicht -
Titel: Re: 2 Wohnsitze
Beitrag von: banjo am 26. März 2015, 11:07:29
- ich finde den Fehler im System nicht -

Wenn das Grenzgängerformular beim dt. FA eintrifft (Stichwort: deutsche lebenslange Steuernummer) werden die Angaben sicher überprüft. Wenn das dt. Melderegister noch einen passenden, aktuell gemeldeten  deutschen Wohnsitz ausspuckt, wird das dt. FA die Freistellungsbescheinigung sicher nicht ausstellen und Dir statt dessen eine aktualisierte dt. elektronische Lohnsteuerkarte zukommen lassen. Damit darf der AG die Lohnsteuern nicht einbehalten. :police:
Titel: Re: 2 Wohnsitze
Beitrag von: Matthias#28 am 26. März 2015, 11:31:24
Wenn das Grenzgängerformular beim dt. FA eintrifft (Stichwort: deutsche lebenslange Steuernummer) werden die Angaben sicher überprüft.
Danke - klar, hier muss es auffallen.
Titel: Re: 2 Wohnsitze
Beitrag von: pifolog am 26. März 2015, 22:26:25
Grundsätzlich kannst Du soviel Wohnsitze haben in soviel Länder Du willst.
Also auch 2 in 2 Ländern.

Volle Zustimmung, Ralph.
Ich setz noch eins drauf: Sogar Grenzgänger können Wohnsitze in mehreren  Ländern -darunter auch Deutschland- haben.

@Dirk
Wo steht das eigentlich, dass Grenzgänger keinen weiteren Wohnsitz in D begründen und dort auch nicht angemeldet sein dürfen? Was das von dir oft zitierte deutsche Einwohnermeldeamt zu Erst- und Zweitwohnsitz meint, ist hier belanglos. Denn bei dem Begriff Grenzgänger geht es um die steuerliche Definition und die bestimmt sich nach Kriterien, die im DBA aufgeführt sind.
Eine Diskussion darüber hatten wir schon mal.
Hier: http://www.grenzgaenger-forum.de/forum/steuern/grenzgaenger-und-weiterer-wohnsitz-in-deutschland-warum-soll-das-nicht-gehen-t4733.0.html;msg26763#msg26763


Titel: Re: 2 Wohnsitze
Beitrag von: banjo am 27. März 2015, 10:08:01

@Dirk
Wo steht das eigentlich, dass Grenzgänger keinen weiteren Wohnsitz in D begründen und dort auch nicht angemeldet sein dürfen?

Das steht so nirgends, ergibt sich aber aus der Logik:
"Der Wohnsitz eines Menschen ist gewöhnlich auch sein Hauptwohnsitz. Es ist jedoch auch möglich, mehrere Wohnsitze zu nehmen. Der Hauptwohnsitz eines Menschen mit mehreren Wohnsitzen liegt dann in der Regel an dem Ort, an dem die Person sich überwiegend aufhält. Bei nur einem einzigen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland ist dieser immer Hauptwohnsitz"

Also zusammenfassend:
A) es gibt keinen "weiteren Wohnsitz" (angemeldet!) in D, ohne Hauptwohnsitz in D. Wir sprechen immer über angemeldete Wohnsitze.
B) bei nur einem einzigen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland ist dieser immer Hauptwohnsitz
heisst: wenn ich mich in D anmelde, dann habe ich damit autom. einen Hauptwohnsitz in D.
C) DBA Grenzgängerregelung sieht vor, dass der Grenzgänger "täglich" an seinen Wohnsitz in F zurückkehrt (mit einigen wenigen Ausnahmen). Damit wird der franz. Wohnsitz per se zum Hauptwohnsitz, weil sonst die Grenzgängereigenschaft verloren geht.
-> wie soll das einer Behörde vermittelbar sein, wenn man gleichzeitig einen Hauptwohnsitz in D angemeldet hat?

Nenn mir einen Menschen, der einen deutschen angemeldeten Hauptwohnsitz hat und dennoch lt. DBA in F versteuert wird, der das den Behörden erfolgreich vermittelt hat und nicht ständig Ärger bekommt und seinem Geld hinterherläuft.
Natürlich kann man in F steuerlich angemeldet sein und bei Oma in D schlafen, dauerhaft. Wäre aber Steuerhinterziehung.
Ich greif mal die Aufforderung von -Helmut- aus der von Dir verlinkten Diskussion auf. Hast Dus mittlerweile gemacht? Hast Du eine "zusätzliche" Anmeldung in D? Dann berichte uns mal von Deinen Erfahrungen. Falls nicht, machs doch bitte mal, wenns so einfach sein soll und berichte dann. Ich wäre Dir sehr dankbar dafür, denn ich bin dann sicher der Erste, ders nachmacht.

Ich weiss nicht wie lange Du schon in F bist, aber früher, so Anfang der 90ger, da musste man die dt. Abmeldebestätigung beim Rathaus in F vorlegen, diese wurde dort eingezogen und archiviert. Ohne dieses Abmeldedokument keine Anmeldung in F. Bedeutet: man konnte sich damals in F gar nicht anmelden, wenn man noch einen Wohnsitz in D hatte. Es ging schlichtweg nicht.
Titel: Re: 2 Wohnsitze
Beitrag von: pifolog am 28. März 2015, 00:14:39

Mit anderen Worten:
Du hast nichts gefunden, was deine Aussagen belegen könnte. Ich übrigens auch nicht.

Nun bemühst du deine Logik.
Was sagt die denn zum DBA, das weder Haupt- noch Zweitwohnsitz kennt. Demnach hier auch keinen Unterschied macht, sondern nur zwischen ständigen Wohnstätten, solchen die den „Mittelpunkt der Lebensinteressen“ repräsentieren und den anderen?
   
Was sagt deine Logik zu Artikel 13,5 DBA, der von der Wohnung eines Grenzgängers lediglich fordert, dass sie eine ständige Wohnstätte darstellt? (Von 1., 2., usw. ist da nie die Rede)

Ist deiner Logik mal in den Sinn gekommen, dass die Bestimmungen in den deutschen Meldegesetzen nur innerhalb Deutschlands gelten können und die dort verwendete Unterscheidung von Haupt- und Zweitwohnsitz für das bilaterale Steuerabkommen DBA völlig irrelevant ist?

Zum Rest deiner Ausführung: Es hat dir doch erst jüngst eine Foristin von Arbeitskollegen berichtet, die auch in D gemeldet sind. Und ja, ich kenne einen Grenzgänger, der sich ein Appartement zur Freizeitgestaltung in D mit Anmeldung gemietet hat. Du willst Namen ('nenn mir einen Menschen') und ich soll der Aufforderung eines bestimmten Foristen nachkommen? Darauf kannst du von mir keine zivilisierte Reaktion erwarten. Deshalb lasse ich es.


Titel: Re: 2 Wohnsitze
Beitrag von: banjo am 28. März 2015, 10:41:25
Mit anderen Worten:
Du hast nichts gefunden, was deine Aussagen belegen könnte. Ich übrigens auch nicht.

Hallo pifolog,

richtig. Es sind meine Interpretationen der mir bekannten Randbedingungen. Ich habe aber auch nichts gefunden, was Deine Interpetation belegt.  :)

Zitat
Was sagt die denn zum DBA, das weder Haupt- noch Zweitwohnsitz kennt
Völlig korrekt, das DBA unterscheidet hier nicht.

Zitat
Was sagt deine Logik zu Artikel 13,5 DBA, der von der Wohnung eines Grenzgängers lediglich fordert, dass sie eine ständige Wohnstätte darstellt? (Von 1., 2., usw. ist da nie die Rede)
Zitat aus diesem Artikel:
a.Abweichend von den Absätzen 1, 3 und 4 können Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von Personen, die im Grenzgebiet eines Vertragsstaats arbeiten und ihre ständige Wohnstätte, zu der sie in der Regel jeden Tag zurückkehren, im Grenzgebiet des anderen Vertragsstaats haben, nur in diesem anderen Staat besteuert werden;

Genau das ist der Punkt. Widerspricht ein (bzw. der erste) angemeldeter Wohnsitz in D nicht diesem Artikel? Impliziert nicht die Anmeldung eines Hauptwohnsitzes in D, dass man eben *nicht* "in der Regel jeden Tag zur ständigen Wohnstätte, die im Grenzgebiet des anderen Vertragstaates liegt, zurückkehrt"?

Zitat
Ist deiner Logik mal in den Sinn gekommen, dass die Bestimmungen in den deutschen Meldegesetzen nur innerhalb Deutschlands gelten können und die dort verwendete Unterscheidung von Haupt- und Zweitwohnsitz für das bilaterale Steuerabkommen DBA völlig irrelevant ist?
Auch richtig. Lies mal hier: http://www.dsa-ev.de/?/177-0-wohnsitz-und-deutsches-steuerrecht.htm
und vor allen Dingen hier: http://www.dsa-ev.de/?/176-0.htm
Dies zeigt, welchen immensen Interpretationsspielraum die Sache mit sich bringt.


Ich finde das Thema recht spannend, man sollte es emotionslos diskutieren. Es ist durchaus möglich, dass meine Ansicht falsch ist, ich hätte damit kein Problem.
Vielleicht kann der Grenzgänger, den Du kennst und der das schon erfolgreich durchgeboxt hat, hier sich anmelden und seine Erfahrung schildern? Wäre echt nützlich und ne tolle Sache. Und nein, natürlich will ich den Klarnamen des Menschen nicht hier öffentlich sehen, ist doch selbstredend.
Titel: Re: 2 Wohnsitze
Beitrag von: Alice am 28. März 2015, 23:29:19
Ich habe mich in D informiert, ob ich dort einen Zweitwohnsitz anmelden könne, Hauptwohnsitz in F, steuerlich dann Grenzgänger. Mir wurde auf dem Rathaus gesagt, dass (wie hier auch schon geschrieben wurde), es keinen Zweitwohnsitz in D mit Erstwohnsitz im Ausland gibt. Sondern, sollte ich mich wieder in D anmelden, ich dann den Erstwohnsitz dort habe. Wäre somit kein Grenzgänger mehr. Ist ca. 5 Jahre her. Hatte damals noch Eigentum dort, jetzt aber nicht mehr. Frage mich auch gerade, wieso sollte man sich in D anmelden wollen wenn man ehrlich den Hauptwohnsitz in F hat. Mal dort übernachten oder jmd besuchen kann man ja ohne angemeldet zu sein. :winkerwinker:
Titel: Re: 2 Wohnsitze
Beitrag von: banjo am 29. März 2015, 12:44:06
nun, es hätte schon Vorteile, wenn im Personalausweis ne Adresse und nicht nur 'kein Wohnsitz im Inland' steht. Nan kann ein Auto in D zulassen, Handyverträge abschliessen und bei den grossen Elektronikmärkten mal eine dieser 0%-Finanzierung abschliessen. Der ein oder andere dt Mietvertrag enthält auch den 'Zwang' zu Anmeldung.
Und denke mal an den ganzen Pass- ubd Personalausweiskram, wegen dem Du nach Strasbourg gurken musst.

Also ich würds sofort machen, wenn sicher wäre, in keine steuerliche Schwulitäten zu fallen. Ich glaube nicht, dass es so einfach durchzusetzen ist, wie pifolog meint.
Titel: Re: 2 Wohnsitze
Beitrag von: banjo am 29. März 2015, 13:49:48
pifolog, wie bewertest Du Paragraph 1 (1) EStG:
http://www.gesetze-im-internet.de/estg/__1.html

in Verbindung mit Paragraph 8 AO:
http://www.gesetze-im-internet.de/ao_1977/__8.html

und wir sprechen nicht über deutsches Meldewesen!
Titel: Re: 2 Wohnsitze
Beitrag von: pifolog am 30. März 2015, 22:39:50

@Dirk zu deinem Beitrag vom 28.03. 10:41

Toll, jetzt sind wir uns fast einig.
Es bleibt nur ein kleiner Stolperstein, wenn das deutsche Meldewesen einen Wohnsitz in D zum Hauptwohnsitz erklärt. Doch dagegen hast du selbst mit deinem zweiten Link die richtige Argumentation geliefert. Dort heißt es über den Stellenwert von Doppelbesteuerungsabkommen (Zitat): „Vereinbarungen in diesen Verträgen gehen den deutschen Vorschriften vor“.

Die Logik ist für mich klar und simpel.
Du wohnst in 2 Ländern. In jedem bist und bleibst du steuerpflichtig. Um nicht auf dieselben Einkünfte in jedem Land die nationalen Steuern bezahlen zu müssen, gibt es das Doppelbesteuerungsabkommen, das dich steuerlich dann einem Land zuordnet. Dies geschieht mit Festlegung der sogenannten Ansässigkeit, die sich nach der Wohnstätte richtet, die den Mittelpunkt deiner Lebensinteressen darstellt. Die wird dann, um in der Terminologie zu bleiben, zum „hauptesten“ aller Wohnsitze. Andere, auch wenn sie sich national Hauptwohnsitz oder résidence principale nennen, müssen sich dem unterordnen. Deshalb sagte ich, die deutsche Bezeichnung Hauptwohnsitz ist für die Steuer irrelevant.
Das gilt nicht nur für Grenzgänger, auch andere Arbeitnehmer und Rentner sind betroffen. Sogar an Obdachlose wurde gedacht.
Und weil Steuern kompliziert sind, gibt es zahlreiche Ausnahmen, Besonderheiten usw.
Nur das Prinzip der Zuordnung nach Ansässigkeit bleibt.

Vielleicht stellt man sich auch selbst eine Falle, wenn man beim Meldeamt ausdrücklich einen 2. Wohnsitz anmelden will. Warum nicht einfach die Anmeldung eines Wohnsitzes in D, ohne Haupt oder Neben? Erspart unnütze Diskussionen und Missverständnisse.


Zu deinem Beitrag vom 29.03 um 12:49

Ja, mit Wohnsitz in D bist du in D unbeschränkt steuerpflichtig.
Und?
Bei einem weiteren Wohnsitz in F greift das DBA und dann läuft es wie oben beschrieben.

Titel: Re: 2 Wohnsitze
Beitrag von: banjo am 31. März 2015, 13:29:44
Hi pifolog,

ich habe mich mit dieser Frage jetzt mal an die infobest und das Finanzamt in Karlsruhe gewandt. Mal sehen, was das Finanzamt sagt. 

Infobest hat schon geantwortet:
Zitat
Im Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und Frankreich ist nicht bestimmt, dass ein Arbeitnehmer seinen Wohnsitz in ausschließlich einem der beiden Länder hat.
Das heißt, dass eine Ferienwohnung grundsätzlich als zweitwohnsitz in Deutschland anerkannt wird.

Das Grenzgängerstatus können Sie behalten, indem Sie Ihrem Finanzamt beweisen, dass Sie nach dem Arbeit zurück zu Ihrem Hauptwohnsitz in Frankreich zurückkehren.
Dafür gibt es keine vorbestimmte Vorgehensweise. Über die Grenzgängereigentschaft wird von dem Finanzamt nach einzelfälle entschieden.
Ob Sie weiterhin als Grenzgänger behandelt werden dürfen wird also davon abhängen, welche Beweiselemente Sie vor Ihrem Finanzamt vorbringen können.

Wenn Ihre Ferienwohnung in Deutschland deutlich von Ihrem Arbeitsstätte entfernt ist wird es bei den Finanzämter ziemlich einfach nachzuweisen, dass Sie in diesem Haus in Deutschland nicht während Ihrer Arbeitstage Aufenthalt haben.
Wenn das Haus sich im direkten Umkreis befindet wird das Finanzamt meistens davon ausgehen, dass Sie kein grenzgänger mehr sind.

Demnach hängt es am Nachweis gegenüber dem FA.
Titel: Re: 2 Wohnsitze
Beitrag von: banjo am 02. April 2015, 11:24:16
Hier die Antwort des Finanzamts Karlsruhe:

Zitat
Guten Tag,
Grundsätzlich ist es möglich bei Ansässigkeit im franz. Grenzgebiet und Anmeldung eines weiteren Wohnsitzes in Deutschland die Grenzgängereigenschaft erhalten bleibt.
Voraussetzung ist, dass 1.) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt werden, 2.) im Grenzgebiet des einen Staates gearbeitet 3.) im Grenzgebiet des anderen Staates gewohnt und 4.)in der Regel jeden Tag zur Wohnstätte zurückgekehrt wird.
Unschädlich ist, wenn der Grenzgänger an 45 Arbeitstagen im Kalenderjahr nicht an seine Wohnstätte zurückkehrt. Nachweis kann z.B. erbracht werden durch Reisekostenabrechnungen, Nachweis der Fahrtkosten (Fahrtenbuch / Kilometerstand KFZ / Tankbelege), Verbrauchsabrechnungen Strom, Wasser, Gas von Erst- und Zweitwohnung....).

Mit freundlichen Grüßen

1A pifolog, danke Dir, dass Du mir entschieden widersprochen hast  :doppeld:

Die Frage des Beweises bleibt trotzdem. Wenn der Wohnsitz in D in etwa soweit entfernt ist von der Arbeitsstelle wie der Wohnsitz in F, dann kann man den Beweis mittels Tankrechnungen vergessen. Da die Wohnung in D, auf die ich mich gegebenenfalls anmelden könnte, auch von anderen Personen genutzt wird, entstehen dort natürlich auch Verbräuche und Verbrauchsrechnungen.
Ideen?
Titel: Re: 2 Wohnsitze
Beitrag von: banjo am 02. April 2015, 14:20:16
So, nun hat sich das FA nochmal gemeldet und widerruft seine Aussage zuvor:

Zitat
Guten Tag,

Habe Ihren Fall mit unseren Sachbearbeitern internationales Steuerrecht diskutiert. Einstimmige Meinung der Spezialisten war, dass durch die Anmeldung eines Wohnsitzes in Deutschland die Grenzgängereigenschaft verloren geht. Begründung: nach DBA Frankreich ist der Arbeitnehmer Grenzgänger, der in einem Vertragsstaat im Grenzgebiet arbeitet und im Grenzgebiet des anderen Vertragsstaates wohnt. Bei Doppelwohnsitz ist eine dieser Voraussetzungen dann nicht mehr erfüllt, da auch im Staat in dem gearbeitet wird ein Wohnsitz besteht.

Diese Auffassung entspricht in etwa meinen Bedenken, die ich weiter oben geäußert habe. Das "Wohnsitzinnehaben" in D impliziert, dass man nicht nur in F wohnt. Dies ist aber Voraussetzung für die Grenzgängereigenschaft.

Eure Meinungen?
Titel: Re: 2 Wohnsitze
Beitrag von: Ralph am 02. April 2015, 18:45:20
Also grundsätzlich darf man Aussagen eines FA Mitarbeiters nicht als "Gesetz" ansehen.....
 
Wenn man es genau wissen will muß man ein Feststellungsverfahren einleiten.
Dazu brauch es halt mal einen der die Konstellation hat und das wissen will.  :pfeif:

Die Begründung der steuerrechts Sachbearbeiter ist ja im Grunde genommen witzlos....
Letztenendes kann ich ja nicht in 2 Wohnsitzen gleichzeitig "leben" .
Und allein die Adresse heißt ja nicht, das ich dort auch lebe. Kann mir ja soviele Wohnungen und Häuser halten wie ich will.
Wenn die Begründung des Grenzgängerstatus genau ausgelegt wird, zählt ja das was ich wirklich mache.
Das das dann das FA in D anzweifelt ist aber auch klar.
Wird also auch - wie mehrfach geschrieben - ein Beweisproblem sein. Wenn ich das beweisen kann, müßte das FA das dann auch anerkennen.
Das wird es aber sicher nicht ohne ein Verfahren, denn das FA wird sicher nicht so einfach auf eine Einnahmequelle verzichten.
Titel: Re: 2 Wohnsitze
Beitrag von: banjo am 02. April 2015, 19:49:00
Also grundsätzlich darf man Aussagen eines FA Mitarbeiters nicht als "Gesetz" ansehen.....

Da hast Du sicherlich recht, Ralph. Am ende wird man sich aber gegenüber dem FA durchsetzen müssen (mit finanziellem Aufwand und ungewissem Ausgang) und seinem Geld erst mal hinterherlaufen.
Titel: Re: 2 Wohnsitze
Beitrag von: Mathis am 02. April 2015, 22:12:25
Hallo,

das sollte wirklich mal jemand durchfechten. Ihr kennt den Fall Nadja Auermann? Sie wurde wegen Steuerhinterziehung verurteil, obwohl kein Wohnsitz in Deutschland bestand. Sie hatte eine renovierungsbedürftige Immobilie gekauft. Das, und einige Anscheinsbeweise reichten dem Finanzamt, um festzustellen, dass der steuerliche Wohnsitz Deutschland wäre. Kann man alles in der Presse nachlesen.

Gruß Mathis
Titel: Re: 2 Wohnsitze
Beitrag von: pifolog am 03. April 2015, 19:06:22

Tja, was soll man dazu sagen? Der 1. April ist vorbei.

Gut, mit einer D-Wohnung in der Nähe der Arbeitsstätte kommt man in Beweisnot, das glaube ich sofort.
So sahen es ja auch Infobest und die 1. Antwort aus Karlsruhe. Aber auch jede andere Wohnung in D, ich nehme mal ein Ferienappartement in deutschen Urlaubsgegenden, Alpen, Ostsee, das nur zur Freizeitgestaltung genutzt wird, soll jetzt den Grenzgänger-Status verhindern? Das ist für mich blanker Unsinn.
Grenzgänger ist man in Verbindung mit einem konkreten Arbeitsverhältnis und nur damit. Das Freizeitverhalten ist davon überhaupt nicht berührt.

Die Argumentation in der 2. Antwort sieht so aus, als ob die Sachbearbeiterin die vorausgegangene Diskussion selbst nicht verstanden hat.
Bei Doppelwohnsitz ist eine dieser Voraussetzungen dann nicht mehr erfüllt, da auch im Staat in dem gearbeitet wird ein Wohnsitz besteht.

Von welchen Voraussetzungen wird da phantasiert?
Das DBA kennt in puncto Wohnung der Grenzgänger nur drei.

Sie muss: 
1. in der Grenzregion des anderen Staates (Nicht-Arbeitsland) liegen,
2. dorthin muss der Arbeitnehmer in der Regel jeden Tag zurückkehren. (Tag wurde inzwischen in einer Verständigungsvereinbarung mit Arbeitstag präzisiert) und
3. eine ständige Wohnstätte sein.
Bei bilateralen Abkommen kennzeichnet die ständige Wohnstätte eine Wohnung, die zum Wohnen geeignet ist, mit Sanitär und Heizung. Sie muss der Verfügungsgewalt des Inhabers unterliegen und regelmäßig auf Dauer von ihm genutzt werden. Wie intensiv ist strittig, aber nirgendwo ist festgehalten, dass sie nur die einzige sein darf.
( Das Gebot, du sollst keine anderen Wohnstätten haben neben mir, müsste erst noch geschrieben werden. )

Welches der 3 Kriterien wird nicht mehr erfüllt durch die Anmeldung eines weiteren Wohnsitzes in D?  Keines!
 
Nun muss das FinAmt Karlsruhe meine Meinung nicht interessieren.
Doch was sagt das F-Finanzamt eigentlich dazu? Als Ansässigkeitsstaat ist F hier primär für die Einhaltung des DBA zuständig.
Was sagt die Europäische Kommission dazu, die mit ihrer Einrichtung „Solvit“ konkret Betroffenen bei Konflikten mit einem anderen EU-Staat Hilfe und Beratung anbietet? Sogar Beschwerden werden entgegen genommen. Und alles kostenlos ohne Anwalt.

( Man könnte den Spieß mal umzudrehen. Der Grenzgänger nach Frankreich besorgt sich ein Ferienhaus in der Provence oder an einem Lothringer Weiher, um der teuren deutschen Steuer zu entgehen. Klappt das in Karlsruhe oder scheitert es dann an der fehlenden Meldepflicht in F ? )

Titel: Re: 2 Wohnsitze
Beitrag von: banjo am 05. April 2015, 11:08:11
Achtung: es wird was längeres  :) (Wens interessiert und wem der Text zu lange ist, kann die Zusammenfassung am Ende lesen)

Ich habe etwas weiter recherchiert und bin – zumindest für mich – zu einem klaren Ergebnis gekommen.
Wie pifolog schon eingangs dieser Diskussion geschrieben hat, ist das Wort „Wohnsitz“ in diesem Zusammenhang irrelevant, da es sich um einen Begriff des dt. Meldewesens handelt. Dieses bleibt bei der Besteuerung von Einkommen unbeachtet.

Es gibt genau 3 Dokumente, die mit dieser Fragestellung zu tun haben:
A)   das allseits bekannte Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und Frankreich (DBA): http://archiv.jura.uni-saarland.de/BIJUS/doppelsteuer/de.htm
B)   das OSCD-Musterabkommen Stand 2008 (es gibt ein Update 2014, es war mir aber nicht möglich, eine kostenlose Quelle für die deutsche Version zu finden; ich konnte aber auch keine Änderung in diesem Update finden, welche für die Fragestellung relevant wäre) http://www.huttegger.de/fachhochschule/OECD-Musterabkommen-2008.pdf
C)   ein Schreiben/eine Anweisung des Bundesfinanzministeriums zum OSCD-MA: http://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/BMF_Schreiben/Internationales_Steuerrecht/Allgemeine_Informationen/2014-11-12-steuerliche-behandlung-arbeitslohn-doppelbesteuerungsabkommen.pdf?__blob=publicationFile&v=1

Das DBA regelt die Besteuerung von Grenzgängern in Art. 13 (1), (4) und (6):
Zitat
Artikel 13
(1) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit können vorbehaltlich der Vorschriften der nachstehenden Absätze nur in dem Vertragstaate besteuert werden, in dem die persönliche Tätigkeit, aus der die Einkünfte herrühren, ausgeübt wird. Als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gelten insbesondere Gehälter, Besoldungen, Löhne, Gratifikationen oder sonstige Bezüge sowie alle ähnlichen Vorteile, die von anderen als den in Artikel 14 bezeichneten Personen gezahlt oder gewährt werden.
(4) (Zusatzabkommen vom 28.9.1989) «Ungeachtet des Absatzes 1 können Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person für eine im anderen Vertragsstaat ausgeübte unselbständige Arbeit bezieht, nur im erstgenannten Staat besteuert werden, wenn
1.   der Empfänger sich im anderen Staat insgesamt nicht länger als 183 Tage während des betreffenden Steuerjahrs aufhält und
2.   die Vergütungen von einem Arbeitgeber oder für einen Arbeitgeber gezahlt werden, der nicht im anderen Staat ansässig ist, und
3.   die Vergütungen nicht von einer Betriebstätte oder einer festen Einrichtung getragen werden, die der Arbeitgeber im anderen Staat hat.»
(5)(Zusatzabkommen vom 28.9.1989) «
a.   Abweichend von den Absätzen 1, 3 und 4 können Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von Personen, die im Grenzgebiet eines Vertragsstaats arbeiten und ihre ständige Wohnstätte, zu der sie in der Regel jeden Tag zurückkehren, im Grenzgebiet des anderen Vertragsstaats haben, nur in diesem anderen Staat besteuert werden;
b.   das Grenzgebiet jedes Vertragsstaats umfaßt die Gemeinden, deren Gebiet ganz oder teilweise höchstens 20 km von der Grenze entfernt liegt;
c.   die Regelung nach Buchstabe a gilt auch für alle Personen, die ihre ständige Wohnstätte in den französischen Grenzdepartements haben und in deutschen Gemeinden arbeiten, deren Gebiet ganz oder teilweise höchstens 30 km von der Grenze entfernt liegt.»
(6) (Zusatzabkommen vom 28.9.1989) «Ungeachtet der Absätze 1 bis 4 können Vergütungen, die ein in einem Vertragsstaat ansässiger Arbeitnehmer auf Grund einer unselbständigen Arbeit erhält, die er im anderen Vertragsstaat im Rahmen eines Vertrags mit einem Arbeitnehmerverleiher ausübt, im anderen Staat besteuert werden. Diese Vergütungen können auch in dem Staat besteuert werden, in dem der Arbeitnehmer ansässig ist. Die Vertragsstaaten können die Zahlung der auf diese Vergütungen entfallenden Steuer nach Maßgabe ihres innerstaatlichen Rechts vom Verleiher oder vom Entleiher verlangen oder sie dafür haftbar machen.»
Hierin fallen die wichtigen Begriffe „Wohnstätte“ und „Ansässigkeit“. Bei einer alleiniger Wohnstätte in Frankreich ist die Ansässigkeit klar, man ist in Frankreich ansässig.
Interessant wird es nun, wenn jemand einen weitere Wohnstätte innehat, wobei es prinzipiell egal ist, wo diese Wohnstätte ist (in Deutschland oder einen weitere in Frankreich außerhalb der Grenzzone). Wo ist man nun im steuerlichen Sinne dann ansässig?

Hier hilft ein Blick ins OSCD-Musterabkommen, den Art. 4 (1) und (2):
Zitat
Art. 4 Ansässige Person.
(1) Im Sinne dieses Abkommens bedeutet der Ausdruck „eine in einem Vertragsstaat ansässige Person“ eine Person, die nach dem Recht dieses Staates dort auf Grund ihres Wohnsitzes, ihres ständigen Aufenthalts, des Ortes ihrer Geschäftsleitung oder eines anderen ähnlichen Merkmals steuerpflichtig ist, und umfasst auch diesen Staat und seine Gebietskörperschaften[1] . Der Ausdruck umfasst jedoch nicht eine Person, die in diesem Staat nur mit Einkünften aus Quellen in diesem Staat oder mit in diesem Staat gelegenem Vermögen steuerpflichtig ist.
(2) Ist nach Absatz 1 eine natürliche Person in beiden Vertragsstaaten ansässig, so gilt Folgendes:
· a)Die Person gilt als nur in dem Staat ansässig, in dem sie über eine ständige Wohnstätte verfügt; verfügt sie in beiden Staaten über eine ständige Wohnstätte, so gilt sie als nur in dem Staat ansässig, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat (Mittelpunkt der Lebensinteressen);
· b)kann nicht bestimmt werden, in welchem Staat die Person den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen hat, oder verfügt sie in keinem der Staaten über eine ständige Wohnstätte, so gilt sie als nur in dem Staat ansässig, in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat;
· c)hat die Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt in beiden Staaten oder in keinem der Staaten, so gilt sie als nur in dem Staat ansässig, dessen Staatsangehöriger sie ist;
· d)ist die Person Staatsangehöriger beider Staaten oder keines der Staaten, so regeln die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten die Frage in gegenseitigem Einvernehmen.

In (2a) kommt der springende Punkt:
Verfügt eine Person in beiden Vertragsstaaten über eine Wohnstätte, so gilt sie als nur in dem Staat ansässig, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat (Mittelpunkt der Lebensinteressen).

Somit ist die Frage eine Ermessenfrage und sehr von den persönlichen Verhältnissen abhängig:
Eine Person, die Ihre Familie, Freunde, Verwandte, Vereine, Wohneigentum etc. in Frankreich in der Grenzone hat, kann sicher leicht nachweisen, dort ansässig zu sein in diesem Sinne.
Eine Person, die vielleicht in Miete alleine in Frankreich lebt und dort „nur zum Schlafen“ ist, bei dem der der Rest der Familie aber in Deutschland wohnt, wird das schwer können.
Unter (2c) kommt ein sehr gefährlicher Punkt: hat die Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt in beiden Staaten [..], so gilt sie als nur in dem Staat ansässig, dessen Staatsangehöriger sie ist.
Hier öffnet sich für die deutschen Steuerbehörden, die ja ein berechtigtes Interesse haben, die Steuereinnahmen auf ihrer Seite zu verbuchen, eine große Tür: Bestehen Zweifel an der Ansässigkeit, kann die Staatsbürgerschaft herangezogen werden. Ich denke, dass die meisten Grenzgänger nach wie vor die deutsche Staatsbürgerschaft haben, so dass die Argumentation hier greifen kann.
Einschlägige Quellen sehen die Problematik ähnlich:
http://www.lexsoft.de/cgi-bin/lexsoft/tk_sec.cgi?templateID=vollbild&xid=3426054
http://www.haufe.de/finance/finance-office-professional/internationales-steuerrecht-11-abkommensberechtigung-und-ansaessigkeit_idesk_PI11525_HI2692464.html

Auch das oben unter C) genannte Schreiben des Bundesfinanzministerium vom November 2014 (noch gar nicht so alt), schreibt deutlich:
Zitat
1.2.1 Bestimmung der Ansässigkeit - Art. 4 OECD-MA
6 Für die Anwendung eines DBA ist der Staat zu bestimmen, in dem der Arbeitnehmer und ggf. der Arbeitgeber entsprechend Art. 1 i. V. m. Art. 4 OECD-MA ansässig sind. Der abkommensrechtliche Begriff der Ansässigkeit entspricht nicht dem im innerstaatlichen Recht verwendeten Begriff der unbeschränkten Steuerpflicht.

und

Zitat
9 Ist die Person nach Art. 4 Abs. 1 Satz 1 OECD-MA in beiden Vertragsstaaten ansässig (sog. doppelte Ansässigkeit), ist nach der in Art. 4 Abs. 2 OECD-MA festgelegten Prüfungsreihenfolge festzustellen, in welchem Vertragsstaat die Person als ansässig gilt. Verfügt die Person nur in einem Staat über eine ständige Wohnstätte, so gilt sie als nur in diesem Staat ansässig. Unter einer ständigen Wohnstätte sind Räumlichkeiten zu verstehen, die nach Art und Einrichtung zum Wohnen geeignet sind, die ständig genutzt werden können und die tatsächlich regelmäßig genutzt werden. Es handelt sich um eine in den allgemeinen Lebensrhythmus der Person einbezogene Anlaufstelle (s. BFH-Urteile vom 23. Oktober 1985, BStBl 1986 II S. 133, vom 16. Dezember 1998, BStBl 1999 II S. 207 und vom 5. Juni 2007, BStBl II S. 812). Verfügt die Person in beiden Staaten über eine ständige Wohnstätte, so gilt sie als nur in dem Staat ansässig, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichenBeziehungen hat (Mittelpunkt der Lebensinteressen). Dabei sind ihre familiären und gesellschaftlichen Beziehungen, ihre berufliche, politische, kulturelle und sonstige Tätigkeit, der Ort ihrer Geschäftstätigkeit, der Ort, von wo aus sie ihr Vermögen verwaltet, und Ähnliches zu berücksichtigen. Die Umstände sind als Ganzes zu prüfen. Lässt sich die Ansässigkeit nach diesen Kriterien nicht bestimmen, sind als Hilfsmerkmale zunächst der gewöhnliche Aufenthalt und danach die Staatsangehörigkeit heranzuziehen. Kann die Ansässigkeit auch nach dem letztgenannten Kriterium nicht bestimmt werden, weil die Person Staatsangehöriger beider Staaten oder keines der Staaten ist, regeln die betreffenden Staaten die Frage in gegenseitigem Einvernehmen nach Art. 25 OECD-MA (s. Tz. 10).

Es gibt also klare Vorgaben, wie die Ansässigkeit zu prüfen ist!
Ein sehr schöner Aufsatz eines Rechtsanwaltes bringt es auf den Punkt:
http://www.reichert-reichert.de/files/reichert/Download%20PDF/Veroeffentlichenungen/reichert_perwein_PIStB-07-14.pdf

Leider hat der Bundesfinanzhof bisher eine solche Fragestellung  nicht höchstrichterlich entscheiden müssen.


Zusammenfassung:
Ob bei einem weiteren Wohnsitz in Deutschland auch eine Einkommensteuerpflicht in Deutschland entsteht, hängt von der Frage der Ansässigkeit ab. Die Ansässigkeit definiert sich nach dem „Lebensmittelpunkt“, nicht nach der Zeitdauer des Aufenthalts oder der melderechtlichen Anmeldung oder der Tatsache der Steuerpflichtigkeit in einem Land aufgrund Einkommen nur aus Quellen aus diesem Land. Diese Frage kann nur individuell aufgrund der Lebenssituation des Einzelnen beurteilt werden. Es kann auch eine Ansässigkeit in einem Land abgeleitet werden, in dem man keinen Wohnsitz angemeldet hat!
Wenn jemand vor hat, eine weitere Wohnstätte in Deutschland zu nehmen, dann sollte er sehr genau prüfen, ob daraus eine Ansässigkeit geschlossen werden kann und in jedem Fall vorher eine schriftliche Zusage des deutschen Finanzamtes einholen, dass die Wohnstätte in Deutschland nicht als Ansässigkeit gesehen wird und somit keine Steuerpflicht in Deutschland nach sich zieht.
Wünschenswert wäre hier wirklich ein Urteil des BFH oder eine klarere Formulierung zur Ansässigkeit in den Gesetzen und Abkommen. Die derzeitige Rechtslage zeigt einen sehr großen Ermessensspielraum der Behörden, der zum Nachteil des Steuerpflichtigen ausgelegt werden kann.



Titel: Re: 2 Wohnsitze
Beitrag von: pifolog am 05. April 2015, 22:56:35

Hallo -Dirk-,

ich finde es hilfreich, wenn wir mal festzuhalten, über was wir uns jetzt nach langen Diskussionen einig sind.
Infobest, Karlsruhe 1 und deine letzten Ausführungen sind berücksichtigt:

- Die Bestimmungen in deutschen Meldegesetzen sind irrelevant.
- Grenzgänger dürfen grundsätzlich eine weitere Wohnung in D unterhalten.
- Probleme kann es geben, wenn das Finanzamt Beweise für die arbeitstägliche Rückkehr in die F-Wohnung verlangt. 
- Die Ermittlung der Ansässigkeit bei Wohnstätten in F und in D erfolgt für alle natürlichen Personen nach demselben Schema in dieser Reihenfolge:
  1. nach Mittelpunkt der Lebensinteressen. Ist das nicht möglich,
  2. nach gewöhnlichem Aufenthalt. Ist das auch nicht möglich,
  3. nach Staatsangehörigkeit  usw.

Wenn ich das alles so ansehe, stellt sich für mich die Frage: Und was ist jetzt noch ungeklärt?

(Vielleicht ein paar ganz vertrackte Fälle, ich weiß auch schon von zweien, doch das wäre in diesem Zusammenhang abwegig)

Titel: Re: 2 Wohnsitze
Beitrag von: banjo am 06. April 2015, 12:02:51
Hi pifolog,

Zitat
- Die Bestimmungen in deutschen Meldegesetzen sind irrelevant.
korrekt

Zitat
- Grenzgänger dürfen grundsätzlich eine weitere Wohnung in D unterhalten.
Grenzgänger dürfen alles, wenns dumm läuft werden sie daraufhin in D einkommensteuerpflichtig.

Zitat
- Probleme kann es geben, wenn das Finanzamt Beweise für die arbeitstägliche Rückkehr in die F-Wohnung verlangt.  
nee, Probleme kanns geben, wenn die Ansässigkeit in F in Frage gestellt wird, d.h. der Lebensmittelpunkt in D gesehen wird. Das hat mit der arbeitstäglichen Rückkehr nach F bei Wohnstätten in beiden Ländern nichts zu tun. Die Sache mit dem Lebensmittelpunkt ist sehr schwammig.

Zitat
- Die Ermittlung der Ansässigkeit bei Wohnstätten in F und in D erfolgt für alle natürlichen Personen nach demselben Schema in dieser Reihenfolge:
  1. nach Mittelpunkt der Lebensinteressen. Ist das nicht möglich,
  2. nach gewöhnlichem Aufenthalt. Ist das auch nicht möglich,
  3. nach Staatsangehörigkeit  usw.
nahezu korrekt, das "usw" hinter Staatsangehörigkeit gibt es nicht. D.h. die Staatsangehörigkeit kann ggf. über die Einkomensteuerpflicht in D final entscheiden.

Zitat
Wenn ich das alles so ansehe, stellt sich für mich die Frage: Und was ist jetzt noch ungeklärt?
Aus meiner Sicht ist alles klar. Man braucht einen Schrieb vom dt. FA, dass die Ansässigkeit weiter in F gesehen wird, dann kann mans machen.

Wenn die deutschen Steuerbehörden jedoch eine Ansässigkeit in D unterstellen und daraufhin den Freistellungsbescheid zurückziehen und dann direkt vom Arbeitgeber die Lohnsteuer abgeführt bekommen und das franz. Finanzamt aber auf seine Sicht der Dinge beharrt und die Steuer weiterhin abbucht, dann möchte ich sehen, wie lange man das finanziell durchhält. Bis die Behörden sich "einvernehmlich geeinigt" haben, wie es die Vorschriften vorsehen, vergehen Monate, evt. Jahre.
Ich hatte mal eine Steuerrückzahlung vom CDI von ca. 800.- zu bekommen (falsche Deklaration meinerseits, Korrekturerklärung). Die Anerkennung kam recht schnell, so nach einem knappen Jahr(!), die Rückzahlung dann erst nach weiteren 8 Monaten! Beschweren: sinnlos.

Also Vorsicht bei der ganzen Sache!



Titel: Re: 2 Wohnsitze
Beitrag von: pifolog am 07. April 2015, 17:14:40

Hallo -Dirk-,
du machst doch jetzt nicht ein neues Fass auf mit Ansässigkeit und der hypothetischen Willkür einer Behörde?
Wenn ein Finanzamt entgegen Abkommen und Rechtsprechung dir wegen eines untergeordneten Wohnsitzes eine Ansässigkeit in D zuschustern will, kann man sich dagegen wehren. (Deine verlinkten Artikel von Haufe und dem RA helfen dabei) Das muss man aber nicht unbedingt.
Guck mal im DBA nach, vielleicht siehst du an welcher Stelle für Grenzgänger eine bestimmte Ansässigkeit gefordert wird.
Ich sehe bisher nur: Die richtige Arbeit in einem Staat, eine ständige Wohnstätte im anderen und tägliches Pendeln. Mehr nicht.


 
Titel: Re: 2 Wohnsitze
Beitrag von: banjo am 07. April 2015, 17:20:33
Nee, kein neues Fass.

An der Antwort des FA Karlsruhe an mich siehst Du aber, dass die das ganz anders sehen. Nicht-hypothetisch, und die machen das auch dann erst mal so, Geld wäre weg, da bin ich mir recht sicher.
Klar kann man sich wehren; ob und wann Erfolg und was es kostet - bleibt offen. Vor Gericht und auf hoher See - na Du weisst ja....

Man muss die Vorteile mit Wohnstätte und D und der Gefahr eines Rechtsstreites mit ungewissem Ausgang (BFH hat in einer solchen Sache noch nie geurteilt) abwägen.
Titel: Re: 2 Wohnsitze
Beitrag von: pifolog am 07. April 2015, 19:17:50
Ok, ich verstehe.

Für mich sind es 2 unterschiedliche Sachen. Einmal die generelle Frage, darf ein Grenzgänger einen Wohnsitz in D haben. Meine Meinung und Argumente dazu kennst du. Bei Beiträgen im Forum könnte ich zukünftig schreiben: Ja, es sei denn das FA Karlsruhe ist zuständig und man wehrt sich nicht. Wirkt ein bisschen lächerlich, aber wenn's der Wahrheit dient, alla.

Die andere Sache ist, wie du persönlich mit der Aussage vom Finanzamt umgehst. Aufwändige Prozesse mit ungewissem Ausgang, wer will das schon. Klar. Doch du hast mal erwähnt, dass dich die Sache selbst betreffen kann. Was spricht dagegen dies konkret von „Solvit“ lösen zu lassen. Kostenlos und dann verbindlich. Vielleicht sind wir danach hier alle schlauer und auch die Finanzamtler in KA.

Titel: Re: 2 Wohnsitze
Beitrag von: Ralph am 07. April 2015, 19:23:52
Ein so genanntes Feststellungsverfahren kostet nicht viel und Du brauchst nur einen Steuerberater..... Hat mich ca. 150 € gekostet...und das FA war schnell der Meinung meines Steuerberaters.
Teuer wirds dann nur wenn es auch das FA darauf ankommen läßt.
Titel: Re: 2 Wohnsitze
Beitrag von: banjo am 07. April 2015, 19:30:22
@Ralph
Hast Du ne Wohnstätte in D?

@pifolog
Solvit wäre eine Lösung. Ich will aber erst nochmal mit dem FA sprechen.
Titel: Re: 2 Wohnsitze
Beitrag von: Alice am 08. April 2015, 00:18:27
Das Zitat des FA klingt plausibel, eine der Voraussetzungen entfällt, somit auch der Grenzgängerstatus.
Ferienwohnung in den Alpen oder ähnliches, da braucht man ja keinen Wohnsitz anmelden. Verstehe immernoch nicht, was so attraktiv am Wohnsitz anmelden in D ist. Ok, wurde ja geschrieben, 0%-Finanzierungen in D sind dann möglich, man muss Ausweis-Geschichten nicht übers Konsulat regeln und ähnliches. Aber wäre mir zuviel trara deswegen. Trotzdem sehr interessant das mit zu verfolgen.
Titel: Re: 2 Wohnsitze
Beitrag von: banjo am 08. April 2015, 10:53:33
@Alice:
Versuche mal, mit einem Personalausweis mit dem Eintrag "kein Wohnsitz im Inland" einen Mietwagen in D anzumieten oder etwas anderes wertvolleres auszuleihen.

Wenn man die Sache etwas höhe hängt, kann man sagen: Grenzgänger werden wegen dieses Eintrags im Ausweis diskriminiert. Man muss sich überall erklären, schaut in ungläubige und verdutzte Gesichter bzw. bekommt die angefragte Leistung nicht. Nur weil kein deutscher Wohnsitz im PA steht.

Ich ecke damit immer wieder an, deshalb finde ich es sehr interessant, dort einen Eintrag zu bekommen - ohne steuerliche Nachteile oder Feststellungsverfahren oder Rechtsanwalt/Gericht etc.

Titel: Re: 2 Wohnsitze
Beitrag von: Mathis am 08. April 2015, 12:29:59
Hallo,
 
wäre das nicht mal eine Frage für Solvit oder eine andere EU-Stelle? Es stimmt, wenn man diesen Eintrag im Perso hat, dann wird man mit Wohnsitzlosen (Obdachlosen) gleichgesetzt. Und wird, freundlich oder unfreundlich, bei  vielen Dingen abgelehnt. Hier sollte eine andere Lösung gefunden werden. Entweder ein Eintrag der französischen Adresse, oder ein anderer Ausweis. Das ist doch eine eindeutige Diskriminierung wegen eines Wohnsitzes in der EU? Darf das sein?

Gruß Mathis

Titel: Re: 2 Wohnsitze
Beitrag von: banjo am 08. April 2015, 12:50:15
Hi Mathis,

das mit der Diskriminierung im rechtlichen Sinne ist sehr eng gefasst, also z.Bsp. wegen des Geschlechts, der Abstammung, der sexuellen Orientierung etc.
Ob da der Eintrag im Perso reicht, zumal der Perso freiwillig ist, ist mehr als fraglich.

Aber ein Problem ist es in der Tat. Der Eintrag der franz. Adresse hilft auch nur bedingt, ne Finanzierung im Elektronicmarkt bekommst Du damit meist auch nicht.
Titel: Re: 2 Wohnsitze
Beitrag von: spirou am 08. April 2015, 13:30:39
Hallo zusammen,

ich verfolge auch gerade dieses Thema und habe mich bis eben gefragt, was an einem deutschen Wohnsitz so interessant sein sollte,
wenn  nicht zu illegalem Zweck.
Jetzt lese ich es geht um Mietwagen, Finanzierungen und Diskrimminierung von Auslandsdeutschen in D. und komme überhaupt nicht mehr mit.
Ich bin EU Bürger, weder Deutscher noch Franzose, wohne in F und arbeite in D.. Früher wohnte ich mal in D und arbeitete in F.Da hatte ich in F einen Zweitwohnsitz.
Ich hatte in meinem Leben noch nie einen Personalausweis, nur Reisepass, immer vom jeweils zuständigen Konsulat ausgestellt.
Ich habe in F Häuser finanziert als ich noch in D wohnte und jetzt mache ich es umgekehrt.Ich hatte eine Firma in F und habe momentan eine in D. Ich hatte schon PKW finanziert hatte schon Mietwagen, habe eine Kreditkarte u.s.w.Nur Elektronikartikel hatte ich noch nie finanziert, die bezahle ich in der Regel bar, da die meistens schon kaputt sind wenn der Kredit noch läuft.
Nach meinem Personalausweis hat mich im Leben noch nie einer gefragt, weder in D noch in F.
Jetzt frage ich mich, werden Ausländer in D besser behandelt als Deutsche?

Grüße


Titel: Re: 2 Wohnsitze
Beitrag von: banjo am 08. April 2015, 13:53:01
Hi spirou,

es ist nicht zu illegalen Zwecken (welche kommen Dir in den Sinn?).

Hattest Du mal einen  Mietwagen in D? Neben dem FS wollen die einen Ausweis sehen. Bei Europcar konnte ich nur mit viel Argumentation, Firmenvisitenkarte und schlußendlich mit der abgelaufenen Carte sejour den Wagen bekommen. Eine 0%-Finanzierung im Octomedia war nicht möglich mit franz. Wohnsitz.
Gestern war ich bei er Polizei in D, einen in D gefunden Geldbeutel mit Bankkarten Ausweisen etc. abgeben. Der Beamte wollte auch meinen Perso haben: Ups, wo wohne Sie denn? Also die ganze Leier erklären.
Bei der Deutschen Post eine Postfilialenadresse einrichten (zum Empfang von Paketen in die Postfiliale) geht nicht, weil om Perso keine Straße steht. Die Mitarbeiterin hat da nichts, was sie eintragen kann. Mit Reisepass geht's - weil Zitat "da gibt's kein Adressfeld, dann gibt's auch nichts im Formular einzutragen". Also nach Hause und am anderen Tag mit Reisepass wieder hin.

Meinen Reisepass trag ich nicht mit mir rum, Reisepass und Perso sind freiwillig. Mit was weist Du Dich aus?

Ich leg mal noch 2 Dinge drauf:
Mit dt. Wohnsitz im Perso kannst Du z. Bsp. eine Auto in D auf dich zulassen. Prima Sache, wenn Du einen Neuwagen kaufts und die Einfuhrt nach F erst dann machen willst, wenn sie nicht mehr steuerschädlich ist.
Und wo würdest Du den Perso und Reisepass beantragen? Im Konsulat im Strasbourg, richtig.  Und wo machst Du es, wenn Du einen Wohnsitz in D hast?

Die Sache hat fast nur Vorteile -bis auf die Steuerdiskussionen.

Titel: Re: 2 Wohnsitze
Beitrag von: Bingo am 08. April 2015, 17:44:40
Ein Problem ist ja auch, dass eine carte de séjour (wo wenigstens der frz. Wohnsitz vermerkt ist!) nicht mehr 'Pflicht' ist, d.h. man auch gewaltig betteln und nerven muss, wenn man eine neue haben will, da die alte abläuft! Probiert mal mit abgelaufener carte de séjour und Perso mit Vermerk kein Wohnsitz im Inland  ein Sparkonto für Euer Kind  in D zu eröffnen - ohne gültig carte d'identité meines Mannes gong gar nix!

Weiß eigentlich jemand von Euch, warum auf dem Perso nicht die frz. Anschrift notiert werden kann? Man weißt sich doch auch als Deutsche/r damit aus, und ob man jetzt in D wohnt oder in Timbuktu dürfte doch wurscht sein?
Man kann doch mit der carte de séjour schließlich bei der Paßbehörde in D nachweisen, wo man nun im F wohnt und ob die jetzt eine dt. oder frz Anschrift eintragen, das ist doch kein extra Aufwand.
Titel: Re: 2 Wohnsitze
Beitrag von: Ralph am 09. April 2015, 12:03:08
@Ralph
Hast Du ne Wohnstätte in D?

Nein - wie kommst Du darauf ?

d.h. man auch gewaltig betteln und nerven muss, wenn man eine neue haben will, da die alte abläuft!

also wir haben nach Ablauf unserer Carte Sejour auch mit viel Betteln keine mehr bekommen. Die gibt es nur noch für Nicht-EU Bürger.
Die war praktisch, weil man sich damit ausweisen konnte - auch in D.
Eine Personalausweis hab ich seit 15 Jahren nicht mehr - hab immer meinen Pass dabei (so sieht der auch aus). Einmal zahlen reicht mir.
Habe letztes Jahr eine Panne in Saarbrücken. Über den ADAC abgeschleppt worden. Mietwagen über den ADAC scheiterte weil wir keine deutsche Adresse bzw. Ausweis mit deutscher Adresse haben.
Ich hab dann über eine andere Autovermietung einen Mietwagen bekommen mit Pass.....in Neunkirchen.
Titel: Re: 2 Wohnsitze
Beitrag von: banjo am 09. April 2015, 12:06:04
Weil Du über ein Feststellungsverfahren geschrieben hattest, das Du bereits durchgeführt hast. War dann aber wohl für was anderes.
Titel: Re: 2 Wohnsitze
Beitrag von: Ralph am 09. April 2015, 12:11:56
ja - das bereits viel gerühmte FA behauptete einfach das man als Außendienstler kein Grenzgänger wäre  :o
Titel: Re: 2 Wohnsitze
Beitrag von: banjo am 09. April 2015, 12:18:09
Haste die Kosten Feststellungsverfahren wenigsten zurückbekommen? Oder steuerlich absetzen können  =D
Titel: Re: 2 Wohnsitze
Beitrag von: Bingo am 09. April 2015, 17:24:33
@ Ralph, okay, bei mir war das vor 10 Jahren, evtl ging da noch 'was.
Hoffe, dass ich dieses Jahr wieder Glück habe, da die Dinger ja nur 10 Jahre gültig sind. Sonst habe ich ein Problem, wenn unsere Bank in D die Legitimation wieder erneuern will.
Titel: Re: 2 Wohnsitze
Beitrag von: Zaren am 09. April 2015, 18:10:47
Bingo, ich denke das hat damit zu tun, dass in Frankreich keine Anmeldepflicht besteht. In Frankreich hat eine Rechnung von Gas oder Strom einen höheren Wert als die Meldebestätigung der Marie. Wir haben noch vereintes Europa, dafür mit vielem an den jeweiligen Grenzen Schluss :)
Titel: Re: 2 Wohnsitze
Beitrag von: Dragonvamp am 10. April 2015, 08:40:17

also wir haben nach Ablauf unserer Carte Sejour auch mit viel Betteln keine mehr bekommen. Die gibt es nur noch für Nicht-EU Bürger.

Wurde ja auch 2008 für eu bürger, wegen der Freizügigkeit, abgeschafft
Aufenthaltsgenehmigung, was anderes ist die carte de sejour nicht, wird seither nicht mehr benötigt.

Habe letztes Jahr eine Panne in Saarbrücken. Über den ADAC abgeschleppt worden. Mietwagen über den ADAC scheiterte weil wir keine deutsche Adresse bzw. Ausweis mit deutscher Adresse haben.
Ich hab dann über eine andere Autovermietung einen Mietwagen bekommen mit Pass.....in Neunkirchen.

Das kann ich nicht bestätigen. Ich habe in Baden-Baden trotz meines Vermerkes in meinem Personalausweis, einen Mietwagen/Leihwagen über den ADAC bekommen.
Das letzte Mal war eher das Hindernis, dass ich knapp unter den 50km lag :(
Titel: Re: 2 Wohnsitze
Beitrag von: Alice am 11. April 2015, 01:34:04
Bingo, ich konnte letztes Jahr problemlos für ein Kind ein Spar- und Taschengeldkonto bei einer deutschen Bank einrichten. Liegt evtl. an der Bank  :anixwissen: :smily: :winkerwinker:
Titel: Re: 2 Wohnsitze
Beitrag von: banjo am 27. April 2015, 14:24:04
Das FA Karlsruhe hat mir jetzt nochmal geantwortet. Sie schreiben im wesentlichen, dass bei Wohnsitz in D die komplette Anwendung des DBAs nicht mehr in Frage kommt, aber lest selbst:

Zitat
Sehr geehrter Herr XXX,

Zu Ihrer an Frau Schilling gerichteten Anfrage bezüglich der künftigen Behandlung Ihrer Grenzgängereigenschaft möchte ich wie folgt Stellung nehmen:

Grenzgänger i.S. des Artikel 13 Abs. 5 DBA Frankreich ist, wer im französischen Grenzgebiet ansässig ist und im deutschen Grenzgebiet arbeitet. Solange dies der Fall ist, kann in Deutschland der Arbeitslohn freigestellt werden und die Versteuerung ist im Ansässigkeitsstaat Frankreich durchzuführen.

Sollten Sie jedoch wie geschildert in Baden-Baden einen Wohnsitz anmelden, sind Sie in Deutschland künftig unbeschränkt einkommensteuerpflichtig im Sinne des § 1 Abs. 1 EStG, da Sie im Inland einen Wohnsitz haben werden.
Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er eine Wohnung beibehalten und benutzen wird (§ 8 AO). Dies scheint nach den von Ihnen geschilderten Umständen dann zuzutreffen.
Durch die unbeschränkte Einkommensteuerpflicht nach § 1 Abs. 1 EStG und den bei einem inländischen Arbeitgeber erzielten Einkünften, sind diese in Deutschland steuerpflichtig.
Dass Ihr Ansässigkeitsstaat weiterhin Frankreich sein wird, ist für die Besteuerung unerheblich, da ein Fall eines Doppelbesteuerungsabkommens gar nicht mehr vorliegen würde, da Wohnsitz- und Tätigkeitsstaat nicht auseinanderfallen und nach § 2 Abs. 1 EStG die deutschen Einkünfte, die ein Steuerpflichtiger während seiner unbeschränkten Einkommensteuerpflicht erzielt, hat der deutschen Einkommensteuer unterliegen.

Sollten Sie noch Fragen haben, können Sie mich auch gerne Montag, Dienstag und Donnerstag vormittag telefonisch erreichen.


Mit freundlichen Grüßen
Schoel

Finanzamt Karlsruhe-Stadt
13/02

Ich weiss pifolog, es ist die Meinung des Karlsruher FAs, aber an dem muss man trotzdem erst mal vorbeikommen.

Meinungen, Kommentare?

Titel: Re: 2 Wohnsitze
Beitrag von: pifolog am 28. April 2015, 19:07:52

hallo -Dirk-

Respekt und Dank für deine konkreten Bemühungen um Klärung.
Wie du treffend ausführst, ist das Problem in deinem Fall, erst mal am FA Karlsruhe vorbeizukommen und das scheint mir mit argumentativen Mitteln unmöglich.

Die nahe liegende Lösung für mich ist Solvit.

Vielleicht kann KA dort erklären, was bei einem weiteren Wohnsitz in D  mit dem Wohnsitz in F geschieht, zu dem man nach wie vor arbeitstäglich zurückkehrt und der so bedeutend ist, dass sich darüber die Ansässigkeit definiert. Für KA scheint es den dann nicht mehr zu geben. Ist dieser real existierende Wohnsitz in F jetzt zum Phantom mutiert, hat er sich gar in Luft aufgelöst oder wurde der Wohnsitzstaat Frankreich einfach von der Landkarte gelöscht?
 
Neue Munition gegen Karlsruhe2 liefert aktuell Ralph beim Thema Festanstellung in Deutschland... mit seinem Link auf einen Fachberater für Internationales Steuerrecht, der zu Grenzgängern mit Wohnungen in beiden Ländern ausgeführt:
„Vom Prinzip, dass das Arbeitseinkommen dort versteuert wird, wo die Arbeit ausgeübt wird, gibt es jedoch Ausnahmen. Häufigste Ausnahme sind die so genannten Grenzgänger. Diese werden nicht in dem Land besteuert, in dem sie arbeiten sondern in dem Land, in dem sie wohnen. Hat jemand in beiden Ländern eine Wohnung, so wird anhand von sozialen Kriterien geprüft, welcher Wohnsitz stärker zu gewichten ist. Kommt man anhand der familiären Verhältnisse, Freundeskreis, Vermögen etc. zu keiner klaren Präferenz, dann entscheidet die Staatsangehörigkeit darüber, wo jemand steuerlich in Sinne des DBA „ansässig“ ist. Ansässigkeit plus Grenzgängereigenschaft führen dann dazu, dass das Arbeitseinkommen abweichend vom Grundsatz eben nicht im Arbeitsland, sondern im Ansässigkeitsstaat zu besteuern ist.“

Es bleibt spannend.

Titel: Re: 2 Wohnsitze
Beitrag von: Ralph am 28. April 2015, 20:39:08
Diesen Satz hab ich auch mit einem Schmunzeln gelesen....im Hinblick auf diese Diskussion.
Da steht dann das FA KA ziemlich schnell wieder allein mit seiner Meinung, das man da wo man eine Wohnung hat automatisch auch wohnt.  >:D
Titel: Re: 2 Wohnsitze
Beitrag von: banjo am 16. Mai 2015, 10:22:25
SOLVIT-Anfrage gestartet - mal sehen, was dabei raus kommt....
Titel: Re: 2 Wohnsitze
Beitrag von: banjo am 22. Juni 2015, 16:36:52
Von SOLVIT habe ich nun diese Antwort bekommen:

Zitat
Ich habe Ihre Anfrage nun überprüft und muss Ihnen leider mitteilen, dass SOLVIT nicht für Sie tätig werden kann. SOLVIT ist nur zuständig für Anfragen, welche die fehlerhafte Anwendung von europarechtlichen Vorschriften durch Behörden betreffen. Ihre Anfrage betrifft jedoch die Auslegung bzw. Anwendung des deutsch-französischen Doppelbesteuerungsabkommens. Dabei handelt es sich nicht um europarechtliche Vorschriften, sondern um ein zwischenstaatliches Abkommen. Insofern kann SOLVIT Ihnen leider nicht weiterhelfen.

Wenn Sie der Meinung sind, das Finanzamt würde die Vorschriften des DBA falsch auslegen, würde es sich möglicherweise anbieten, sich an die entsprechende Aufsichtsbehörde, die Oberfinanzdirektion Karlsruhe zu wenden, und hier um Aufklärung zu bitten. Einen Link zur Website habe ich beigefügt: http://www.oberfinanzdirektion-karlsruhe.de/pb/,Lde/Startseite/KONTAKT.

Ich bedaure, Ihnen keine andere Auskunft geben zu können.
Titel: Re: 2 Wohnsitze
Beitrag von: banjo am 11. Dezember 2015, 09:08:58
So, es ging eine Weile, aber jetzt habe ich eine doch ganz nachvollziehbare Antwort der Oberfinanzdirektion Karlsruhe erhalten.
Kurz gesagt: Man kann einen Wohnsitz in D nehmen, ohne die Grenzgängereigenschaft zu verlieren, muss aber im Zweifelsfall beweisen, dass man arbeitstäglich nach F zurückkehrt. Welche Beweise da schlussendlich greifen, wenn der Wohnsitz in D und die Wohnstätte in F vom Arbeitsplatz etwa gleich weit entfernt sind und an der Wohnstätte in F Verbrauchsrechnungen auch durch andere Personen entstehen können bleibt offen.
Dennoch bleibt vieles schwammig.

Zitat
Sehr geehrter Herr XXXX,

vielen Dank für Ihre E-Mail vom 02.11.2015, in der Sie fragen, ob die Grenzgängereigenschaft nach dem DBA-Frankreich verloren geht, wenn Sie einen Wohnsitz in Deutschland anmelden. Diesbezüglich hatten Sie sich an das Finanzamt Karlsruhe-Stadt gewandt und bitten um Überprüfung der von dort erhaltenen Antwort. Ohne genauere Kenntnis über Ihre persönlichen Verhältnisse,  kann ich Ihnen folgendes sagen:

Nach Ihren Schilderungen ist davon auszugehen, dass Sie in Deutschland über einen Wohnsitz in Baden-Baden begründen. Durch den Wohnsitz wird in Deutschland die sog. unbeschränkte Einkommensteuerpflicht ausgelöst. Damit werden grundsätzlich alle inländischen und ausländischen Einkünfte in die deutsche Besteuerung einbezogen, die Sie erzielen (Welteinkommensprinzip). Das Besteuerungsrecht an diesen Einkünften kann z.B. durch ein sog. Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA) begrenzt werden, sodass Sie mit Ihren Einkünften jeweils nur in einem Staat besteuert werden. Sofern Sie ihren französischen Wohnsitz nicht länger beibehalten, gelten Sie ausschließlich in Deutschland als ansässig (Art. 2 Abs. 1 Buchst. a DBA-Frankreich). In diesem Fall sind ihre Lohneinkünfte vollumfänglich in Deutschland zu versteuern. Das DBA-Frankreich wäre insoweit nicht für ihre Lohneinkünfte anzuwenden.

Behalten Sie ihren französischen Wohnsitz gleichzeitig bei, ist es theoretisch möglich, dass Sie weiterhin als Grenzgänger besteuert werden können. Nach der Grenzgängerregelung des Art. 13 Abs. 5 Buchst. a DBA-Frankreich können Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von Personen, die im deutschen Grenzgebiet arbeiten und ihre ständige Wohnstätte, zu der sie in der Regel jeden Tag zurückkehren, im französischen Grenzgebiet haben, in dem Staat besteuert werden, in dem die genannte ständige Wohnstätte liegt. Die Grenzgängereigenschaft geht indessen nichtverloren, wenn Sie (bei ganzjähriger Beschäftigung) an weniger als 46 Tagen pro Jahr nicht an diese ständige Wohnstätte zurückkehren. Auf die abkommensrechtliche Ansässigkeit ist insoweit nicht abzustellen. Maßgebend ist allein die Frage, ob sie zu Ihrer im französischen Grenzgebiet belegenen ständigen Wohnstätte täglich zurückkehren.

Soweit die ständige Wohnstätte in Baden-Baden näher bzw. verkehrsgünstiger zu Ihrem Tätigkeitsort liegt, spricht eine wiederlegbare Vermutung dafür, dass sie arbeitstäglich von Baden-Baden nach Karlsruhe pendeln. In diesem Fall stünde dem Tätigkeitsstaat Deutschland das Besteuerungsrecht an Ihrem Arbeitslohn zu (Art. 13 Abs. 1 DBA-Frankreich).  Sofern Sie jedoch durch geeignete Unterlagen und Dokumente (z.B. Fahrtenbuch, Tankbelege, Strom-/Wasser-/ bzw. sonstige Verbrauchsrechnungen der beiden Wohnungen, Fahrkarten etc.) nachweisen können, dass Sie arbeitstäglich von ihrer im französischen Grenzgebiet belegenen Wohnung zur deutschen Arbeitsstätte fahren und nach erledigter Arbeit täglich nach Frankreich zurückfahren (zweifacher arbeitstäglicher Grenzübertritt), sind ihre Lohneinkünfte in Deutschland weiterhin steuerfrei und werden nur im Rahmen des Progressionsvorbehaltes (§ 32b Abs. 1 Nr. 3 EStG) in die deutsche Besteuerung einbezogen. Dies gilt jedoch nur, sofern Sie die Besteuerung in Frankreich nachgewiesen haben (§ 50d Abs. 8 EStG). Bitte beachten Sie, dass in diesem Fall die erhöhten Nachweis- und Mitwrkungspflichten der Abgabenordnung (AO) greifen (§ 90 AO: Beweismittelebschaffungspflicht, Beweismittelvorsorgepflicht, umfassende Aufklärungspflicht etc.). Bei einer Verletzung dieser Pflichten ist das Finanzamt berechtigt, hieraus im Rahmen der freien Beweiswürdigung negative Schlussfolgerungen zu ziehen. Dies gilt vor allem dann, wenn die MitwirkungspflichtTatsachen oder Beweismittel aus der Wissenssphäre des Arbeitnehmers bzw. des Arbeitgebers betrifft (Urteil des Bundesfinanzhofs vom 15.02.1989 – X R 16/86, BStBl II S. 462).

Für übrige Einkünfte (z.B. Zinsen) müsste festgestellt werden, in welchem der Vertragsstaaten Sie abkommensrechtlich als ansässig gelten. Hierfür bedarf es häufig der Feststellung des sog. Mittelpunktes der Lebensinteressen, in denen all ihre persönlichen Beziehungen (z.B. Familie) und ihre wirtschaftlichen Beziehungen (Einkunftsquellen und Einkunftshöhe, Vermögen) herangezogen und beurteilt werden. Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse wird sodann festgelegt, welcher Vertragsstaat für die Anwendung des Abkommens als der Ansässigkeitsstaat gilt. Dieser erhält in der Regel das Besteuerungsrecht an der betroffenen übrigen Einkunftsart (ggf. Einschränkung durch Quellensteuerrechte).

Ich hoffe, dass ich Ihnen mit meinen Ausführungen weiterhelfen konnte. Sollten sich daraus Rückfragen ergeben, können Sie mich gerne auch unter der unten genannten Rufnummer telefonisch kontaktieren.

Mit freundlichen Grüßen

M****** H********

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