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Autor Thema: Französisches erbrecht?  (Gelesen 16450 mal)

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Offline edgard

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Französisches erbrecht?
« am: 29. Februar 2016, 23:42:23 »
Moin  :winkerwinker:

Hat sich hier schon wer mit dem Erbrecht in Frankreich beschäftigt?
Soweit ich weiß gilt es wenn man in F wohnt und dort stirbt.

Ist ja nicht ganz ohne - gilt ein deutsches Testament auch in F?
Wie ist das mit den Pflichtteilen?

Salü,

Edgard
Sapere Aude!

Offline Gabrielle

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Re: Französisches erbrecht?
« Antwort #1 am: 01. März 2016, 07:46:35 »
Bitte PN lesen.

Liebe Grüße Gabrielle

banjo

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Re: Französisches erbrecht?
« Antwort #2 am: 01. März 2016, 09:14:04 »
Das europ. Erbreicht gilt seit 26.8.15. Demnach vererbt man sein gesamtes (!) Vermögen nach dem Recht des Landes, in dem man seinen letzten Aufenthalt hatte. Diesen Automatismus kannman durch ein Wahlrecht im Testament verändern, muss es aber aktiv tun.

Beispiel:
Ein deutscher Rentner, der 5 Monate im Winter auf Malle lebt, verstirbt dort. Sein gesamtes Vermögen - auch das in Deutschland -  wird nach spanischem Erbrecht vererbt, es sei denn, der Rentner hat per Testament beim Notar deutsches Erbrecht gewählt.

Infos:
https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/2014/07/2014-07-25-erbrecht.html
https://www.haufe.de/recht/familien-erbrecht/eu-erbrechtsverordnung-gilt-ab-1782015-fuer-erbfall-mit-eu-bezug_220_314070.html
 
Tipp: Beratung beim franz. Notar
@Edgar: Frau Riegel in Seltz berät kostenlos, dort kannst Du auch ein Testament verwahren lassen, was in einem Frankreichweiten Register dann abrufbar ist.

Offline soso

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Re: Französisches erbrecht?
« Antwort #3 am: 02. März 2016, 10:51:24 »
Moin  :winkerwinker:

Hat sich hier schon wer mit dem Erbrecht in Frankreich beschäftigt?
Soweit ich weiß gilt es wenn man in F wohnt und dort stirbt.

Ist ja nicht ganz ohne - gilt ein deutsches Testament auch in F?
Wie ist das mit den Pflichtteilen?

Salü,

Edgard

1. Wie Dirk bereits gesagt hat, hat sich im letzten Jahr geändert. Anzuwendendes Recht per Testament frei wählbar (nach Wohnsitz oder Staatsangehörigkeit). Standard nach letztem Wohnsitz (D hat das nach grundsätzlich nach Staatsangehörigkeit wohl aufgegeben).
Aber das gilt auschließlich für das Erbrecht also was Erbfolge,Pflichtteile etc angeht. Was Erbschaftssteuerrecht angeht, bleibt alles beim Alten -  und da werden in F belegene Immobilien grundsätzlich weiterhin mit der französichen Erbschaftssteuer belastet  :-\ (Naja, ausländische Immobilien dafür grundsätzlich nicht  :zwinkern:)

2. Yeap, gibt auch in F Pflichtteil:
- In D Pflichtteil ist 50% von gesetzlichem Teil
- In F wird Pflichtteil nach der Regel Kinder+1 berechnet: Bsp: 3 Kinder = 1/(3+1) => jedes Kind 1/4 Pflichtteil + 1/4 frei vererbbar, bei 2 Kinder => 1/3 jedes Kind + 1/3 frei vererbbar.
- Wenn ein Kind gestorben: -mit Nachkommen= Anteil geht an dessen Nachkommen, ohne Nachkommen = wird nicht gezählt
- Nur(!) wenn keine Kinder da sind, hat die Ehefrau/-mann Anspruch auf 1/4  Pflichtteil

3. Auch deutsche Testamente gelten (natürlich bei Wahl F-Recht dürfen sie nicht gegen F-Recht verstoßen...)
Du kannst also wie Dirk erwähnt zu einer frenz. Notarin gehen (dann wird eben im franz.Zentralregister in Aix-en-Prov. aufbewahrt. 
oder eben zu einem deutschen Nator (dann wird's eben im deutsche Zentralregister (http://www.testamentsregister.de/) hinterlegt).
Brauchst auch keine Angst haben, die Notare können inzwischen europaweit abfragen, ob ein Testament existiert. 


banjo

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Re: Französisches erbrecht?
« Antwort #4 am: 02. März 2016, 12:48:29 »
Wir haben ein deutschsprachiges handschriftliches Testament mit Wahl 'Deutsches Erbrecht' beim franz. Notar hinterlegt, hat ~ 70 € pro Person Registrierungsgebühr gekostet - sonst nichts.

Offline Nicod3mus

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Re: Französisches erbrecht?
« Antwort #5 am: 04. März 2016, 16:57:56 »
Noch eine Anmerkung zum Wahlrecht. Lt. dem hiesigen Notar (Maitre Metz in Roeschwoog) bezieht sich das Wahlrecht jedoch nur auf die Nationalität des Erblassers. So kann ich als  deutscher  Staatsbürger das deutsche Erbrecht wählen. Nicht aber das Erbrecht eines anderen Landes. D.h. ich kann nicht das franz. Erbrecht wählen. Dieses gilt nur solange ich als Deutscher meinen gewöhnlichen Aufenthalt in Frankreich habe.

banjo

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Re: Französisches erbrecht?
« Antwort #6 am: 04. März 2016, 19:27:15 »
Das ist korrekt so, Du kannst das Erbrechte des Aufenthaltslandes oder der Staatsbürgerschaft wählen, andere nicht.

Offline soso

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Re: Französisches erbrecht?
« Antwort #7 am: 05. März 2016, 10:50:22 »
Widerspricht aber auch nicht, was der Notaire dir gesagt hat.
Ist eigentlich ganz einfach: Die Grundregel:
1. Erbrecht am (letzten) Wohnort  (Standard)
oder Bürger schließt 1.aus und wählt stattdessen Erbrecht nach Staatsbürgerschaft.

Niemand kann ein Land auswählen. Nur eben Wahl zwischen 'der Wohnort' oder 'die Staatsbürgerschaft'. Standard Wohnort (das gilt jetzt auch für D). Jeder EU-Bürger hat die Option: Erbrecht nach Staatsbürgerschaft.
Bsp: Als Deutscher kannst du nicht franz.Recht vorbestimmen.  Wär auch kontraproduktiv, wenn du/Deutscher bspweise  60 Jahre in F lebst und dann die letzten 2 Jahre in Spanien. Dann gilt  franz.Recht eben ganz sicher nicht mehr.  ;)  Das gilt natürlich genauso auch für Staatsbürgerschaft - Deutscher wählt Recht Staatsbürgerschaft, wird danach Franzose(gibt DeutscheSB zurück), zieht zurück nach D - es gilt franz.Recht.

PS Diese Option (Erbrecht nach Staatsbürgerschaft) kann jeder Bürger und zu jeder Zeit wählen - auch als Deutscher wohnhaft in Deutschland, Franzose wohnhaft in Frankreich. Die Wahl entfaltet dann halt nur tatsächlich seine Wirkung, wenn man die min. letzten 181 Tage außerhalb seines Heimatlandes im EU Ausland lebte.

banjo

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Re: Französisches erbrecht?
« Antwort #8 am: 05. März 2016, 10:57:33 »
Woher hast Du die 181 Tage? Quelle bitte.

Offline soso

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Re: Französisches erbrecht?
« Antwort #9 am: 05. März 2016, 11:12:24 »
Woher hast Du die 181 Tage? Quelle bitte.
Übliche Regelung bezüglich Feststellung gewöhnlicher Wohnsitz   :anixwissen:  (Erbrecht 'nach letztem gewöhnlichen Wohnsitz'. Reicht also nicht in Monaco tot umzufallen oder seinen Wohnsitz vom Krankenbett aus am letzten Tag noch schnell in ein Steuerparadies zu verlegen :zwinkern: )

banjo

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Re: Französisches erbrecht?
« Antwort #10 am: 05. März 2016, 11:16:21 »
Seit wann geht denn um den Wohnsitz?
Bist nicht es, der immer darauf wert legt, dass dies nur ein melderechtlicher Begriff ist?

Es geht um den Aufenthalt oder die Ansässigkeit.


Offline soso

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Re: Französisches erbrecht?
« Antwort #11 am: 05. März 2016, 12:40:27 »
Seit wann geht denn um den Wohnsitz?
Bist nicht es, der immer darauf wert legt, dass dies nur ein melderechtlicher Begriff ist?
Wie kommst du auf so was ...? 'melderechtlich'... häää? Welches Melderecht in F?
Fühl mich ja geehrt daß du denkst, daß ich die Gesetze mache ...     :jawohl:  :xj:  :lach:

'Gewöhnlicher Wohnsitz' ist zwar im großen und Ganzen synonym zu 'gewöhnlicher Aufenthalt'. Bei Erbrecht reicht es aber wohl gerade nicht aus - 1 halbes Jahr in einem schweizer Spital zu liegen(eben Aufenthalt) bevor man das Löffeli abgibt, damit es plötzlich nach schweizer Erbrecht geht.  (Ist echt ganz ehrlich nicht meine Schuld ... :lach:)

PS: Ok Schweiz != EU aber du weißt was ich meine)



Offline soso

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Re: Französisches erbrecht?
« Antwort #13 am: 06. März 2016, 13:02:08 »
Schau hier Punkt 3.1.
Der Aufenthalt wird nicht an 181 Tagen festgemacht.
Doch wird er und auch deine Links sagen ja nix wirklich anderes. Wenn von gewöhnlichen Aufenthalt gesprochen wird, dann wird er im Zweifelsfall -und vom Gesetz nix andere Berechnung vorgegeben- eben nach den üblichen Regeln Ermittlung gewöhnlicher Aufenthalt/Lebensmittelpunkt ermittelt. Und Standard ist halt wo hat man im letzten Jahr (365Tage) die meiste Zeit(eben > 50% = >182Tage) seinen Lebensmittelpunkt gehabt hat.

Heißt halt nicht ohne Grund 'gewöhnlicher' und nicht 'letzter' Aufenthalt! ;)

Dein  Beispiel
Ein deutscher Rentner, der 5 Monate im Winter auf Malle lebt, verstirbt dort. Sein gesamtes Vermögen - auch das in Deutschland -  wird nach spanischem Erbrecht vererbt, es sei denn, der Rentner hat per Testament beim Notar deutsches Erbrecht gewählt.
Ehrlichgesagt wird es ziemlich sicher auch ohne Testament nach deutschem Erbrecht gehen. Erbrecht ändert sich nicht alle paar Monate und ist dem Zufall überlassen wo einer tot umfällt.  (Nur um dein Beispiel weiterzuspinnen: Warum bei 5 Monate spanisches Erbrecht? Warum nicht bei 2 Monate oder bei 1 Woche? Oder was, wenn er am 1.Tag seines Aufenthalts tot umkippt (also ohne die vielleicht geplanten aber nicht gelebten 5Mon)? Dein deutscher Rentner könnte ja auf dem Weg bei einem Zwischenstop in F tot umfallen - was würdest du dann wählen? plötzlich franz.Erbrecht? deutsches? spanisches?)
Also wird man versuchen seinen gewöhnlichen Aufenthalt zu ermitteln: Und das geht halt so (letztes Jahr(letzte Jahre) anschauen):  5 Monate Malle + 7 Monate Deutschland => man wird von  gewöhnlicher Aufenthalt  Deutschland ausgehen. Bliebe den Angehörigen natürlich immer noch die Möglichkeit zu Gegenteil zu beweisen: daß der Rentner seinen Lebensmittelpunkt jetzt gerade auf Malle verlegt hatte/ nie nie zurückkommen wollte/ nur noch wegen 3 Monate Krankenhaus in D war... .

  *nachdem wir schon im tsdsten sind und bevor jemand kommt: 180 sind genaugenommen 182 bzw. Schaltjahre 183 Tage 

banjo

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Re: Französisches erbrecht?
« Antwort #14 am: 06. März 2016, 13:19:45 »
Der gewöhnliche Aufenthalt / Lebensmittelpunkt lässt sicher Spielraum für Interpretationen im Ernstfall.

Also - wenn mans durch Verfügung regeln kann, dann kann man den Interpretationen den Raum nehmen.

Ich habs gemacht und empfehle jedem, der da Klarheit reinbringen will, das auch zu tun.